Mitten in Andechs:Bergbock und andere Wunder

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Auf dem Heiligen Berg wird der Ausschank des trüben und blumig-hopfigen Bieres bis Anfang Juli verlängert

Von Gerhard Summer

Der Bock könnte bekanntlich froh und glücklich sein, wenn er nicht so stur wäre und einen so saublöden kurzen Namen hätte. Ja, damit ist schon viel Schindluder getrieben worden. Zu den gemeinsten Erfindungen gehört der Hurenbock, auch die merkwürdige Kombination Null-Bock-Generation gereicht dem Tier eher nicht zur Ehre. Zum Glück gibt es aber noch das Kloster Andechs, das ein ganz besonderes Gespür für Gottes geplagte Kreaturen hat. Das liegt womöglich an der legendären Maus, die so um 1400 während einer Messfeier in der einstigen Burgkapelle Gutes tat: Sie soll einen Reliquienzettel ans Tageslicht gebracht haben, ja wirklich. Die Mönche ließen daraufhin graben, denn wo ein Zettel war, da lag sicherlich noch mehr. Tatsächlich kam eine Kiste zum Vorschein - zugegeben, das zieht sich jetzt etwas hin, wie das in der Kirche oft so ist. Lange Predigten, ein paar Wahrheiten, ein paar Geschichten, dazu Gesang, und irgendwie ist immer noch nicht viel Wesentliches gesagt.

Aber um es kurz zu machen: In dieser Kiste fanden sich wichtige Teile des Heiligen Schatzes, als da wären: die Drei Hostien, das Siegeskreuz Karls des Großen und der unfiltrierte Andechser Bergbock. Jedenfalls drei, vier noch genießbare Flaschen davon. Der Fehler war nur, dass sich die durstigen Entdecker sofort auf den Bergbock stürzten und ihn eilig leerten bis auf den Grund. Was das Kloster natürlich bisher dezent verschwiegen hat. Womöglich war alles auch anders, jedenfalls dauerte es gut 600 Jahre, bis sich die Andechser Mönche wieder auf dieses süffige Bier besannen und es erstmals zum Maustag 2016 brauen ließen, der hierzulande besser als Muttertag bekannt ist. Das Zeug schlug ein wie ein Hausbock im Dachstuhl.

Aber es kommt noch besser: Das Kloster verlängert jetzt den unfiltrierten Andechser Bergbock, nein: den Ausschank dieses Bocks noch einmal um zwei Wochen. Und zwar einmalig. Bis Sonntag, 3. Juli, kommen alle Mäuse, pardon: Besucher des Heiligen Bockes in den Genuss dieses trüben und blumig-hopfigen Berges. Prost!

© SZ vom 17.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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