Mitten im Wald:Geduld zum Mitnehmen

Spaziergänger im Kreuzlinger Forst können sich freuen. Dort wächst im Pandemie-Frühling Geduld in Form von reißfesten Fäden

Glosse von Carolin Fries

Das Warten mag kein Ende nehmen, es wird sogar immer mehr. Erst wartete man nur auf das Ende der Pandemie, jetzt auch noch auf einen Impftermin, den Sommerurlaub und verdammt noch mal auf das Frühlingswetter! Nichts von alledem kann man aktiv gestalten, wie es so schön heißt. Stattdessen gilt es zu warten und darauf zu vertrauen, dass es schon geschehen möge. Was aber, wenn man das Warten satt hat, keinen Bock auf innere Ruhe und meditatives Rumhocken? Dann bleibt nur schlechte Laune, na bravo!

Geduld ist eine Tugend, das predigt schon die Bibel. Doch auch jenseits des christlichen Glaubens gilt: Wer Unannehmlichkeiten beherrscht erträgt, gilt als stark. Was aber, wenn die Kraft ausgeht? Dann helfen aufmunternde Worte. "Seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet" schrieb Paulus an die christliche Gemeinde in Rom. Briefe schreiben ist leider out, doch Mut machen geht auch anders, zum Beispiel mit "Geduldsfäden zum Mitnehmen" an einer Holztafel im Kreuzlinger Forst. Ein fröhlicheres "Haltet durch!" kann man sich gar nicht vorstellen!

In verschiedenen Farben und Längen sind die Fäden zu haben und ja, die Nachfrage ist groß. Die Wolle ist begehrt, verschwindet in Kinderhänden, Fahrradkörben und Jackentaschen. Viele scheinen etwas in der Hand haben zu wollen, um den Widrigkeiten der Zeit zu begegnen - bestenfalls einen Nachschub an Geduld. Dass die Fäden reißfest sind, versteht sich von selbst.

© SZ vom 03.05.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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