Mitten im Landkreis:Tausche Drößling gegen Tutzing

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Laut Polizei werden neuerdings immer wieder Ortsschilder ausgewechselt - was geht wohl in den Köpfen der Täter vor?

Glosse von Peter Haacke

Vielleicht liegt es auch an der Pandemie, dass die Menschen ihren Heimatgemeinden nun wieder größere Aufmerksamkeit zukommen lassen. Gastronomie, Schützen- und Sportvereine, Schulen, Seniorentreffs, Wochen- und Kunsthandwerkermärkte: Die 3G-Regel macht so maches wieder möglich, die Rückkehr zum halbwegs normalen Leben wird wahrscheinlicher. Fast könnte man meinen, Corona habe es nie gegeben. Und doch hat sich im Bewusstsein der Menschheit etwas geändert. Zumindest bei denjenigen, denen man neuerdings eine durchaus seltsame Neigung unterstellen darf: Schilderklau im öffentlichen Raum, oder auch multiple Schilderitis genannt.

Offenkundige Anzeichen dieser womöglich psychisch bedingten Erkrankung sind selbst für Experten nur schwer erkennbar. Denn die Betroffenen wissen sich gut zu tarnen: Im Drang, ein Ortsschild abmontieren zu müssen, ignorieren sie einfach die nicht unwichtige Frage, was sie mit der geklauten gelben Hinweistafel eigentlich wollen. Eine Sammlung von Ortstafeln mit originellen Ortsnamen wie Lederhos, Poppenhausen oder Killer mag ja noch lustig sein. Aber was will man mit Starnberg, Gauting oder Dießen in Partykeller, Hausflur oder Schlafzimmer schon ausdrücken? Ich bin eine Klaubacke, und wenn man mich erwischt, werde ich bestimmt bestraft . . .?

Aber wahrscheinlich geht es bei der Schilderitis im Landkreis - um nicht von einer Mutante zu sprechen - gar nicht um schnöde Aneignung, sondern nur darum, Verwirrung im Landkreis zu stiften. So berichten die Polizeiinspektionen Herrsching und Starnberg jüngst von mehreren Delikten mit Ortsschildern: Anstelle einer nun als verschollen geltenden Tafel von Drößling (Gemeinde Seefeld) wurde ein Tutzinger Ortsschild angebracht, vertauscht wurden die Ortsteile Hechendorf (Gemeinde Seefeld) und Buch (Gemeinde Inning). Drei Kommunen müssen sich nun also zum Tauschgeschäft treffen. "Ähnliche Sachverhalte häufen sich in letzter Zeit", so derweil die Polizei. Die fahndet indes schon seit mehr als einer Woche nach den Schilderdieben von Starnberg und Pöcking.

© SZ vom 19.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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