Mitten im Fünfseenland:Das geteilte Schaf

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Vom Segen des Teilens und den Tücken der Statistik

Kolumne von Astrid Becker

Es gibt wohl kaum eine andere Zeit im Jahr, in der so viel geteilt wird wie jetzt. Man denke doch einfach mal an die Gans an Weihnachten, die man für die liebe Familie zerlegt. An den einzigen Lebkuchen im Büro, von dem der Chef die Hälfte für seinen Mitarbeiter abbricht. An die fünf Liter Glühwein im Topf, die man nur allzugern auch den guten Freunden einschenkt. Kurzum: Die Weihnachtszeit wird von Großzügigkeit beherrscht.

Eines allerdings dürfte bislang niemandem bewusst gewesen sein. Weder im Landkreis noch in ganz Bayern. Denn auch Schafe werden neuerdings geteilt. Gerade eben hat das Bayerische Landesamt für Statistik bekanntgeben, dass sich 50 Bayern ein Schaf teilen. Jawohl. Und im Landkreis Starnberg sieht die Quote noch krasser aus: Da müssen noch mehr Bewohner mit einem einzigen Schaf auskommen: genau 52,7.

Da muss man sich schon die Frage stellen, wie das funktionieren kann. Ein Schaf wird meist zwei Mal im Jahr geschoren, im Frühjahr und im Herbst. Pro Schur und Tier kommen da etwa dreieinhalb bis vier Kilo Wolle heraus. Nicht alles davon hat eine so gute Qualität, dass sich daraus ein Schal stricken lässt, oder gar ein Pullover. Genau genommen liefert so ein Schaf pro Schur exakt drei Pullover, also sechs im Jahr. Und die müssen sich 52 erwachsene Landkreisbewohner und ein Teenager teilen, also so ein Dreiviertelgroßer.

Da ist die Großzügigkeit schnell vorbei und Streit programmiert! Wer darf bitte wann welchen Pullover anziehen? Und was ist, wenn einer mit Tomatensauce bekleckert ist, wer muss ihn waschen? Mit der Hand, versteht sich, ist ja Wolle. Und überhaupt: Was ist, wenn die Farbe dieser sechs Pullover überhaupt nicht zum Teint passt? Dagegen die der benachbarten 52,7 Bewohner schon? Wie kommt man dann an diese anderen Pullover? Schwierig, darauf sinnvolle Antworten zu finden. Außer, selbst Schafzüchter zu werden. Heimlich, versteht sich. Vielleicht im nächsten Jahr.

© SZ vom 20.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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