Mitten im Frühling:Kein Grund zum Singen

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Früher sang man im Chor: ´Wann wird's mal wieder richtig Sommer?` Zuletzt beteten Gartenbesitzer um Regen

Kolumne von Alexandra Leuthner

Im Garten krallt sich das Moos in den Staub, sieben Gänseblümchen recken ihre Köpfe gen Himmel, einzige Farbkleckse auf der braunen Erdkruste. Kein Grashalm weit und breit. Die Rasensaat, die unter diesen Bedingungen aufgehen würde, gibt es schlicht nicht, um den Boden aufzulockern bräuchte man ohnehin mindestens den Hammer Thors. Selbst für einen Trockenrasen - man würde gern auf die gepflegte Optik verzichten und Blumen pflanzen für die Bienen - ist der Boden zu trocken.

Da endlich, Freitagnachmittag, Regentropfen fallen vom Himmel. Sie verdunsten noch bevor sie unten ankommen. Das sind Bilder, die an Afrikadokumentationen erinnern. Sielmann, Grzimek, sie haben davon in ihren Filmen erzählt: Die Luft brennt, die schwächsten Tiere straucheln kurz vor dem versiegten Wasserloch, dann ballen sich Wolkenmassen am Himmel zusammen. Wieder und wieder hofft die Natur vergeblich, bis dann doch die ersten Tropfen auf der steinharten Erde aufschlagen und Leben bringen.

Ganz so schlimm steht es bei uns noch nicht, doch die Waldbrandgefahr ist hoch, die Regierung von Oberbayern hat kürzlich Luftbeobachtung angeordnet, unter anderem vom Stützpunkt Erding aus. Immerhin haben die Meteorologen schlechtes Wetter versprochen. Ein Witz! Früher freute man sich, wenn sie das Gegenteil verkündeten. Da gab es einen Holländer namens Rudi Carrell - manch einer wird sich noch erinnern -, der hat uns Jahr für Jahr ein und dasselbe Lied vorgesungen, in dem er immer wieder die eine Frage stellte: "Wann wird's mal wieder richtig Sommer?" Das war zu Zeiten, als der April seinem Namen noch Ehre gemacht hat, als die Bäume tatsächlich erst im Mai ausschlugen und man an den Osterfeiertagen noch ohne Sonnenschutzfaktor 30 auskam. "Nicht so nass und so verregnet wie im letzten Jahr", sollte Carrells Sommer werden. Gärtner, Gartenbesitzer und Landwirte würden viel dafür geben, wenn es wieder mal Grund zu Klagen wie der des sympathischen Holländers gäbe.

© SZ vom 30.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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