Mitten auf der Wiesn:Gespenstisch gutherzig

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Was wäre das Oktoberfest bloß ohne die Starnberger? Die haben ihren ganz eigenen Stil - im positiven wie im negativen Sinn

Kolumne von Peter Haacke

Was wäre die Wiesn schon, wenn nicht die Starnberger nach München pilgerten? Nun, ohne jegliche Übertreibung könnte man behaupten, das Oktoberfest wäre nur halb so schön. Das beginnt schon mit dem traditionellen Umzug, bei dem die Starnberger Vereine stets die schönsten Trachten tragen und die fröhlichsten Lieder schmettern. Ohnehin ist ein Wiesn-Besuch für echte Starnberger das Maß aller Dinge: Jugendliche sind klaglos bereit, zu nachtschlafender Zeit aufzustehen, um einen Platz im Bierzelt zu finden. Und fürsorgliche Chefs buchen schon Monate zuvor Tische, damit sich ihre Angestellten in Dirndl oder Lederhos' im geschlossenen Kollektiv dieses rauschende "Mia san mia"-Gefühl aneignen, auf den der Rest der Republik zurecht neidisch ist.

Freilich lässt sich manch einer infolge abstruser Wettbewerbe - etwa "Wer verträgt die meisten Mass" - die Sache noch mal ungehemmt durch den Kopf gehen. Erbärmliche Gestalten sind zuweilen auf den Bahnhöfen rund um München zu erblicken, die das rechte Maß nicht gefunden haben. Doch das ist profan: Daneben benehmen können sich die Hartgesottenen aus Dachau, Ebersberg, Bruck oder Tölz ebenso. Nein, Starnberger haben ihren eigenen Stil - im Guten wie im Schlechten. Davon weiß etwa die Wiesn-Wache, also die Polizei, zu berichten.

So wurden zwei junge Burschen aus Starnberg beim Einbruch in die Betriebsräume einer Geisterbahn erwischt - während des Betriebs, wohlgemerkt. Was sie dort wollten, wissen sie vermutlich selbst nicht so genau. Der eine hatte Werkzeug geklaut, der andere im Generator-Raum den Not-Halt betätigt. Echt gruselig. Wesentlich anrührender dagegen die Geschichte einer 58-jährigen Starnbergerin, die einen wahren Beitrag zur Familienzusammenführung leistete. Sie entdeckte ein einsames vierjähriges Mädchen und lieferte es prompt bei der Polizei ab. Kurz darauf tauchte ihr siebenjähriger Bruder auf. Wenig später folgte die Mutter, die aufgeregt ihre Kinder suchte. Die Familie aus dem Landkreis Traunstein trat schließlich vereint die Heimreise an - dank der Frau aus Starnberg.

© SZ vom 02.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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