Mein Tag:Zeremonienmeister mit Zylinder

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Foto: Franz Xaver Fuchs (Foto: Franz Xaver Fuchs; Franz Xaver Fuchs)

Akademiedirektor Udo Hahn gibt im Schloss den Hofmarksrichter

Von Manuela Warkocz

Für seine Rolle als Hofmarksrichter bei der Tutzinger Fischerhochzeit muss Udo Hahn () eigentlich gar nicht viel üben. Der evangelische Pfarrer kann Trauungen aus dem Effeff vollziehen. Und das pastorale Auftreten vor einer Gemeinde empfindet er auch als Rolle, in die er schlüpft. "Zeremonienmeister zu sein, ist nichts Fremdes für mich", sagt der Direktor der Evangelischen Akademie Tutzing, der auf die Terrasse des Schlosses zum Gespräch bittet. Dort wird am Sonntag, 2. Juli, die Hochzeitszeremonie im historischen Festspiel um den Hoffischerssohn Michael Gröber und Veronika Bierbichler aus Ambach über die Bühne gehen.

Die Entourage des Reichsgrafen von Vieregg in Biedermeierkostümen, das Volk in alten Fischertrachten, Tänze und Spiele im Park, hunderte Zuschauer - den ganzen Trubel erlebte Hahn hautnah bei der Fischerhochzeit 2011, nur vier Wochen nachdem er seine Direktorenstelle in der Akademie angetreten hatte. "Was für eine Bedeutung die Fischerhochzeit für Tutzing hat war mir da noch gar nicht präsent", erinnert er sich. Umso mehr freut sich der 55-Jährige, dass das Festkomittee ihn als Zugereisten diesmal für die Rolle des Hofmarksrichters auserkoren hat. Sein Kostüm hatte Hahn quasi schon im Schrank: Er trägt seinen schwarzen Lutherrock, das offizielle Gewand für Pfarrerrinnen und Pfarrer bei festlichen Anlässen außerhalb des Gottesdienstes. Hahn hat seinen eleganten Lutherrock vor Jahren bei einem Talarschneider in Nürnberg maßanfertigen lassen und schon zum Staatsempfang bei Ministerpräsident Seehofer und zum Neujahrsempfang der Akademie ausgeführt. Darunter trägt er ein Collarhemd. Dessen Stehkragen wird von einer geschlungenen Halsbinde verdeckt. Schwarze Hose, weiße Handschuhe und ein Zylinder komplettieren den vornehmen Aufzug.

Was der Hofmarksrichter zu sagen hat, umfasst immerhin zweieinhalb Seiten im Text, den der ehemalige Heimatpfleger und Rathausbeamte Josefranz Drummer verfasst hat und 1929 erstmals aufführen ließ. Hahn findet die Worte gar nicht so antiquiert wie mancher Kritiker. "Die Mischung aus Ansprache und Predigt ist inhaltlich sogar sehr gelungen, mit einem gewissen seelsorgerischen Ton, sprachlich allerdings schwer zu merken", seufzt Hahn. Allein der erste Satz besteht aus 18 Zeilen, das Ganze hat weder Jamben noch Reime. Hahn kommen für eine gute Aussprache die Rhetorikseminare zugute, die er als junger Vikar freiwillig gemacht hat. Auch die frühe Arbeit mit einem Regisseur leistet gute Dienste in Sachen Gestik. Da lernte der angehende Pfarrer nicht nur, wie man formvollendet ein Kreuz vor der Gemeinde schlägt und sich diesbezüglich von den "Wischern" und "Sägern" unterscheidet. Die Weihe als Schauspieler erteilte ihm Oliver Stone. Als der US-Regisseur eine Szene von "Edward Snowden" in der Akademie drehte, bekam Hahn eine Komparsenrolle. "Das ist schon mehr als ein Statist", betont Hahn nicht ohne Stolz. "Da muss man schon agieren und sich mit der Rolle beschäftigen."

© SZ vom 14.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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