"Kunstwerk des Monats" in Berg:Das Pink ist eigentlich ein Rot

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Das Exponat im Katharina-von-Bora-Haus ist eine kleine Sensation - ein Bild des großen deutschen Gegenwartskünstlers Rupprecht Geiger

Von Ute Pröttel, Berg

Die Farbe scheint sich in den gesamten Raum zu ergießen. An der Galeriewand des Katharina-von-Bora-Hauses hängt in diesem Monat ein Werk von Rupprecht Geiger. Schwarzes Rund auf Pink. Sehr grafisch, extrem reduziert und doch von einer beinahe magischen Strahlkraft. Die Farbserigrafie ist eine Leihgabe des Archivs Geiger in Solln. Ergänzt wird der farbintensive Druck durch drei Objekte des Künstlers aus einer Privatsammlung. Sie sind erstmals öffentlich ausgestellt.

Kuratorin Katja Sebald nennt es eine kleine Sensation, dass es gelungen ist, diese vier Werke in der Reihe des Kunstwerks des Monats zu zeigen. Sie huldigen einem großen deutschen Gegenwartskünstler. Zum Auftakt des Jahres gedenkt das Kunstwerk des Monats stets einem verstorbenen Künstler. 110 Jahre wäre Rupprecht Geiger in diesem Januar geworden. An der Retrospektive zu seinem 100. Geburtstag im Lenbachhaus 2008 konnte er noch persönlich teilnehmen. Er verstarb im Jahr 2009 wenige Wochen vor seinem 102. Geburtstag. Bis weit über 90 war Geiger noch künstlerisch tätig.

Es ist der Zweite Weltkrieg, der im Leben des Architekten Rupprecht Geiger die Zäsur hin zur Malerei setzt. 1940 wird er zum Kriegsdienst eingezogen und an die Ostfront geschickt. Dort beginnt Geiger zu malen, wird bald als Kriegsmaler eingesetzt. Es entstehen zahlreiche Skizzen und Studien. Später wird Geiger diese Zeit als autodidaktische Ausbildung bezeichnen.

Ganz unmotiviert kommt die Hinwendung zur Malerei freilich nicht. Geiger ist der Sohn des Malers und Grafikers Willi Geiger. Der Vater war Schüler von Franz von Stuck und in den 20er-Jahren ein angesehner Maler in München. 1933 wurde er als entartet eingestuft.

Nach dem Krieg wendet sich Rupprecht Geiger intensiv der abstrakten Malerei zu. 1949 ist er einer der Mitbegründer der Künstlergruppe ZEN 49. Vier Mal nimmt er an der Documenta teil. In den 60er-Jahren lehrt Geiger als Professor an der Kunstakademie in Düsseldorf. In diesen Jahren ergreift er eine neue Maltechnik: Er verwendet immer häufiger fluoreszierende Pigmente in Acryldispersion, die er mit der Spritzpistole aufbringt. Damit erzielt er extrem gleichmäßig verlaufende Übergänge. Immer mehr geht es in seinen Arbeiten um die reine Farbe und die Freisetzung der Farbenergie.

"Das Pink ist eigentlich ein Rot", erklärt Sebald und nimmt Bezug auf Geigers bevorzugte Farbe. In seinem "Rotbuch" hält er seine Gedanken dazu fest. Sein Erweckungserlebnis mit der Farbe Rot schildert Geiger 1970 so: "Es ist die Stunde Null in Deutschland. Ich gehe in der Theatinerstraße in Richtung Marienplatz vorbei an Schutthalden eingestürzter Häuser. Alles ist leblos, grau, Staub und Asche. Plötzlich sehe ich von rechts aus der Maffeistraße kommend eine hellrot aufleuchtende Farbspur in leichtem Bogen über die Straße ziehen. Ein Farbsignal vor makabrer Grau-Kulisse, ein noch nie gesehenes Rot. Was ist diese Erscheinung? Ein Ami-Mädchen in leuchtrotem Pullover ist einem Jeep entstiegen und hat schnell laufend die Straße überquert..." Woher nun die Wirkkraft der Geigerschen Werke rührt, ist schwer festzumachen. Insofern passt das für dieses Jahr von Kuratorin Katja Sebald und Gastgeber Pfarrer Johannes Habdank gewählte Motto für die Veranstaltungsreihe schon einmal bestens: "In der Kunst zählt nur eines: was man nicht erklären kann", ein Zitat des Malers Georges Braque.

Im März stellt der Feldafinger Maler Peter Schaller in Berg aus. Im April erwarten die Veranstalter den Bildhauer Max Wagner aus Starnberg.

© SZ vom 15.01.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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