Kommunalwahlen im Landkreis Starnberg:Der Windradbauer

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Für Berg sind die 20 Jahre mit Rupert Monn prägend. Jetzt geht der Bürgermeister in Ruhestand

Von Sabine Bader

Monn? Ist das nicht der Bauer aus Höhenrain, aus der Filzn? Was will der denn, fragen sich die Berger im Jahr 2000, als Rupert Monn beschließt, für das Bürgermeisteramt zu kandidieren. Unruhige Zeiten für Berg: Der Unmut über die allzu lasche Amtsführung von Rathauschef Augustin Ullmann ist groß. Die CSU hat nach jahrelangen Querelen um Klaus Gröber an Ansehen und Sitzen im Gemeinderat verloren. Aus Personalnot schicken die Christsozialen Claudia Keilitz ins Rennen um das Bürgermeisteramt. Ullmann probiert es trotz des Ärgers erneut. Und mitten drin: Rupert Monn, der Landwirt aus Höhenrain. Es ist die Zeit der Verlegenheitskandidaten.

Am Wahlabend die Sensation: Monn siegt im ersten Wahlgang mit 52 Prozent gegen den amtierenden Rathauschef Ullmann (39 Prozent) und Keilitz (neun Prozent). Am Tag nach der Wahl soll eine Höhenrainerin in Aufkirchen den Metzgerladen mit den Worten betreten haben: "So! Jetzt sind wir auch wer!" So viel zum Höhenrainer Selbstwertgefühl. Und ein Berger Bürger, der zu jener Zeit in Amerika lebt, schreibt ans Rathaus: "Habe gehört, wir werden jetzt von einem Filzler regiert, ist auch okay." Gleich nach der Wahl gibt Monn seinen Hof auf, lässt alle Kühe abholen. Von nun an ändert sich sein Leben grundlegend: Er ist nicht mehr Bauer, sondern Bürgermeister. Dass ihm das Amt von Anfang an Spaß macht, merkt man ihm an. Jeden Abend ist er unterwegs - auf Versammlungen, Festen, Vereinsabenden. Immer und überall mischt er sich unter die Leute. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger verspricht Monn nicht schnell etwas, aber was er verspricht, das hält er auch.

Im Rathaus hat er es von Anfang an leicht. Von der Verwaltung wird er mit offenen Armen empfangen, und bei den meisten Fraktionen im Gemeinderat hat er Vorschusslorbeeren. Die Erwartungen sind groß. Kein Wunder, dass er selbst immer wieder "befürchtet, ihnen nicht gerecht zu werden".

Großprojekte, die ins Stocken geraten sind, reizen ihn. So wird er schon kurz nach der Wahl schnell Handelseins mit den Karmelitinnen in Aufkirchen und erwirbt für die Gemeinde den Grund für den Parkplatz am Ortseingang. Ein bis dato aussichtsloses Unterfangen. Als nächstes knöpft er sich den Hochwasserschutz vor. Seit Jahrzehnten steht der Ortskern von Farchach regelmäßig unter Wasser, sogar ein Anwohner ist in den Fluten ertrunken. Staudämme tun Not. Ein Projekt, das die Gemeinde finanziell nicht allein stemmen kann. Monn holt das Wasserwirtschaftsamt mit ins Boot. So können schließlich zwei große Staudämme bei Schwabbruck für insgesamt eine Million Euro gebaut werden. Das Hochwasserproblem am Ostufer ist gelöst.

Wenn es um Grunderwerb für Radwege und Ortsstraßen geht, ist Monn sich nicht zu schade, zu den Grundeigentümern zu marschieren und sie um die erforderlichen Quadratmeter zu bitten - und zwar zu einem bezahlbaren Preis. Da ist Durchhaltevermögen gefragt. Zuweilen sind etliche Anläufe nötig. Ein Grundbesitzer hat in dem Zusammenhang einmal zu ihm gesagt: "Bei mir bekommst Du immer ein Bier, das versprech' ich Dir. Aber Grund bekommst Du keinen." Monn bekommt ihn schließlich doch, und der Radweg zwischen Aufkirchen und Farchach kann gebaut werden. Viele Projekte in Berg sind nur möglich, weil der früher zerstrittene Gemeinderat mittlerweile an einem Strang zieht. Es entstehen die beiden Sportgelände in Höhenrain und Berg Nord, das Betreute Wohnen im Norden der Gemeinde. "Auch hier war bei den Grundstücksverhandlungen Zähigkeit gefragt", erzählt Monn. Schließlich klappt das Vorhaben in Zusammenarbeit mit dem Zweckverband für den Sozialen Wohnungsbau im Landkreis. 35 Senioren ziehen ein. Ein Kreisel muss gebaut werden, der sich letztlich als enorm wichtig erweist. Schließlich münden darin nicht nur die Ortsdurchfahrt und Stichstraßen für Sportareal, Einheimischenmodell und Betreutes Wohnen, sondern künftig auch der Weg zum neuen Berger Rathaus, das auf dem Grundstück am Huberfeld geplant ist. Auch wenn Monn es nicht mehr in seiner Amtszeit als Bürgermeister einweihen wird: Die Weichen dafür hat er gestellt.

Das sichtbarste Projekt seiner Amtszeit sind unstrittig die vier Windräder in den Wadlhauser Gräben. Fragt man Monn danach, sagt er: "Es waren die richtigen Leute zur richtigen Zeit am richtigen Ort." Mit den richtigen Leuten meinte er auch Robert Sing vom gleichnamigen Ingenieurbüro, heute Geschäftsführer der Bürgerwind Berg GmbH & Co. KG, und Kreisbaumeister Christian Kühnel. Sie unterstützen Monns Anliegen. Doch was treibt den konservativ geprägten Kommunalpolitiker dazu, so vehement um die Anlagen zu kämpfen und sich so vielen Anfeindungen aus den Nachbargemeinden auszusetzen? Auslöser waren nicht die Atomunfälle in Tschernobyl oder Fukushima, sondern seine tiefe Überzeugung, "dass wir vom Atomstrom wegmüssen", sagt er. "Ich bin mit der Angst vor Atombomben und Kernkraftwerken aufgewachsen. Sie hat mich nachhaltig geprägt."

Monn fährt gut mit seiner Understatement-Strategie. Er hört viel zu, beobachtet sein Gegenüber ruhig, nimmt es stets ernst und zeigt ihm dann, dass auch er gut vorbereitet ist auf die jeweilige Materie. Natürlich lief dennoch nicht alles reibungslos, was der heute 64-Jährige in 20 Jahren Amtszeit angepackt hat. Den wohl heftigsten Gegenwind bekommt er bezeichnenderweise aus seinem Heimatort Höhenrain. Es geht um das Thema Asyl: In Berg steht nach der ersten Flüchtlingswelle bereits eine Zeltstadt am Huberfeld. Es läuft alles gut, weil es in der Gemeinde einen rührigen Helferkreis gibt, der sich um die Menschen kümmert. Doch es werden weitere Flüchtlinge erwartet. Weil Monn die Lasten der Integration nicht allein einer Ortschaft aufbürden will, soll die zweite Unterkunft nach Höhenrain. Es hagelt Proteste und Anfeindungen. "Das hat mich entsetzt", sagt Monn. Umstimmen wollte er sich von den Krawallmachern aber nicht lassen. Dann kommt ihm der Umstand zu Gute, dass auf Grund restriktiverer Behördenkontrollen weniger Asylsuchende als erwartet ins Land strömten. Die Unterkunft in Höhenrain wird nicht mehr gebraucht, der Protest verstummt.

Über den fünf Kilo schweren gallischen Hahn aus Bergs Partnerstadt Phalsbourg freut sich der ehemalige Landwirt, auch wenn der gewichtige Franzose seine Hühner regelrecht in die Knie zwingt. (Foto: Privat)

Was Monn die Zornesröte ins Gesicht treibt, ist die Lücke im Radweg zwischen Allmannshausen und Münsing. Erst 2021 will das Straßenbauamt Weilheim die nur einen Kilometer lange Waldstrecke in Angriff nehmen. "Das ärgert mich ungemein", sagt er. Zumal sich die Berg dazu entschlossen hat, das Projekt, das schon für 2019 avisiert war, vorzufinanzieren.

Seit 2008 ist Monn Vorsitzender des Abwasserverbands Starnberger See, zu dem nicht nur Starnberg, Berg, Pöcking, Feldafing und Tutzing, sondern auch Münsing (Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen), Seeshaupt und Bernried (Weilheim) gehören. Schon Jahre zuvor hatte Monn die Übernahme der Ortskanäle durch den Verband beantragt und war deshalb belächelt worden. Als Vorsitzender setzt er den Plan um. Jetzt haben alle Gemeinden ihre Kanäle übergeben.

Dass Monn im Kollegenkreis Ansehen genießt, zeigt die Tatsache, dass ihn die Rathauschefs 2008 zu ihrem Sprecher wählten. Eigentlich hätte der verheiratete dreifache Vater und bald sechsfache Großvater noch ein viertes Mal antreten dürfen, doch das kommt für ihn nicht in Frage. "Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für mich", sagt er. "Wenn's am Schönsten ist, soll man aufhören."

Für den Starnberger Kreistag kandidiert Monn erneut. Um seine Nachfolge in Berg bewerben sich vier Kandidaten: Rupert Steigenberger (Einigkeit, Bürgergemeinschaft und SPD), Elke Link (QUH), Robert Schmid (CSU) und Anke Sokolowski (FDP).

© SZ vom 28.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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