Kommentar:Überfällige Reform

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Das Fünfseen-Filmfest ist über die Jahre zu einem unüberschaubaren Koloss geworden, das dringend neu strukturiert werden muss.

Von Gerhard Summer

Erst Hitze, dann Blitze", reimte das Team des Fünfseen-Festivals auf seiner Homepage. An dem Einzeiler ist rein gar nichts auszusetzen, außer vielleicht, dass ihm etwas Wesentliches fehlt: der Zusatz "und viele leere Sitze." Die Zeiten, da das Filmfest Jahr für Jahr noch eins drauflegte, dürften nämlich vorbei sein. Diesmal gibt es keinen neuen Rekord, diesmal kamen deutlich weniger Zuschauer als 2016 in die Kinos und Freiluft-Vorstellungen, was auch mit der auf neun Tage verkürzten Spielzeit zusammenhängt. Nein, das ist kein Drama. Größe sagt nichts über die Qualität eines Ereignisses aus. Richtig ist aber auch: Dem Festival fehlte es heuer ein wenig an der Faszinationskraft der Vorjahre.

Dafür gibt es abgesehen von der brütenden Hitze einige Gründe: Die Ehrengäste István Szabó und Eva Mattes beispielsweise hatten nicht die Strahlkraft, die vormals Wim Wenders oder Ulrich Tukur entwickelten. Vor allem aber: Das FSFF ist mit seinen verstreuten Spielstätten, seinen 16 Kategorien, die nicht immer Sinn ergeben, und seinen vielen vergebenen Preisen zum endgütig unüberschaubaren Koloss geworden. Selbst wer sich tapfer durch den dicken Programmkatalog blätterte, blieb am Ende womöglich etwas ratlos zurück. Denn bei allem Überfluss gab es heuer weniger Filme, die einen beim Sichten und Lesen direkt ansprangen.

Natürlich, das sind letztlich kleinmütige Einwände. Denn nach wie vor gilt: Wenn es dieses Filmfest nicht gäbe, wäre das Leben im Landkreis zwar möglich, aber sinnlos. Trotzdem tut Matthias Helwig gut daran, sein Konzept umzukrempeln. Die Reform ist überfällig. Ohnehin gibt es nur eine Erklärung dafür, dass der Festivalchef Jahr für Jahr finanzielle Verluste hinnahm und dennoch immer noch eins draufsattelte: Helwig ist zum Glück mehr hasardeurhafter Cineast als Geschäftsmann. Die Ideen klingen vernünftig: ein leicht geschrumpftes, entzerrtes Filmfest im Herbst. Sicherlich, der neue Termin ist nicht unproblematisch. Andererseits hat der 57-Jährige ein treues Stammpublikum. Und viele würden ihm womöglich sogar dann folgen, wenn er das Fünfseen-Festival zur Wiesnzeit auf den Mars verlegen würde.

© SZ vom 07.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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