Kommentar:Reform mit Nebenwirkung

Lesezeit: 1 min

Die MVV-Tarifreform verfehlt das Ziel, Autofahrer zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen

Von David Costanzo

Dauerstau auf der Lindauer Autobahn, das halbe Würmtal verstopft, stockender Verkehr auf dem Starnberger Zubringer zur A95: Damit die Verkehrswende auch im Fünfseenland gelingt, müssen so viele Autofahrer wie möglich auf Bus und Bahn umsteigen. Je mehr, desto besser. Doch dieses Ziel verfehlt die Tarifreform des MVV im Landkreis - und könnte bei manchen Pendlern am Ende sogar das Gegenteil bewirken.

Wann lassen Menschen ihren Kombi in der Garage stehen und ziehen sich eine Monatskarte? Ganz sicher nicht, weil das Tarifsystem vereinfacht wird, weil nur noch sechs statt 16 Ringe Pendler plagen. Der Gilchinger wusste bislang, dass er ins Zentrum Münchens sieben Ringe braucht, künftig wählt er halt zwei Außenringe plus M-Zone.

Aus zwei anderen Gründen steigen Pendler womöglich um: Der Nahverkehr müsste erstens attraktiver werden - aber

dafür bräuchte es keine MVV-Reform, sondern eine glatte Revolution mit mehr Zügen, mehr Platz, schnelleren Verbindungen. Davon ist keine Rede. Im Gegenteil: Am Dienstag berichtete der Streckenagent wieder einmal den Ausfall des Zehn-Minuten-Takts auf der S 8. Wenigstens steckt der Landkreis selbst viel Geld in den Nahverkehr und schafft zum Beispiel mit dem Expressbus X 910 eine nützliche Anbindung der Gewerbegebiete in Oberpfaffenhofen und Gilching mit der Münchner U-Bahn in Großhadern. Doch genau an dieser Linie lässt sich das Dilemma der Tarifreform zeigen.

Zweitens müsste nämlich der Nahverkehr billiger werden - oder zumindest nicht dramatisch teurer. Doch genau das geschieht in einigen Fällen. Manche Pendler in den Westen der Landeshauptstadt müssen künftig mehrere hundert Euro im Jahr drauflegen. In Pasing, Laim oder eben Großhadern bieten viele Firmen ihren Mitarbeitern noch Parkplätze. Da steht zu befürchten, dass das Auto nicht nur bequemer, sondern sogar billiger wird als die Bahn.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: