Kommentar:Politische Erosion

Lesezeit: 1 min

Bürgermeisterin Eva John ist am Tiefpunkt ihres bisherigen politischen Schaffens angelangt

Von Peter Haacke

Zu Beginn ihrer Amtszeit als Bürgermeisterin hatte Eva John eine besonders originelle Idee: Als im Sitzungssaal des Starnberger Stadtrats der Rechner hochgefahren wurde, erschien wie zufällig eine Projektion an der Wand: "Alle sagten: Das geht nicht. Dann kam einer, der wusste das nicht und hat's einfach gemacht", stand da geschrieben. Wohl kaum jemand ahnte im Sommer 2014, dass John diesen Spruch fortan - quasi als Selbstprophezeiung - wirklich in die Tat umsetzen würde.

Über die Resultate dieses Vorgehens ist man derzeit durchaus geteilter Meinung: Mit dem kläglich gescheiterten Versuch einer Umkehr der Einbahnstraßenregelung in der Rheinlandstraße, der einseitigen Sperrung der Wittelsbacherstraße, dem klammheimlichen Verkauf des Wangener Dorfweihers oder der Abschaffung der Schulbusse hat die Bürgermeisterin nicht gerade Volltreffer gelandet. Johns Verweigerungshaltung im Hinblick auf dringend erforderliche Gespräche mit der Deutschen Bahn (Thema "Seeanbindung") oder mit Michael Krenn (Thema "Centrum") machen die Angelegenheit nicht besser. Und beim Starnberger Dauerbrenner "Tunnel oder Umfahrung" geht - allen Verheißungen zum Trotz - ebenfalls nichts voran. Statt konkreter Lösungen gibt es nur neues Papier, dessen Wert zweifelhaft ist. Und die politischen Gräben im Stadtrat sind tiefer geworden als je zuvor.

Und jetzt bröckelt auch noch ihre Allianz, der Erosionsprozess ist unübersehbar. Die Bürgermeisterin kann nach dem Ausscheren von Angelika Kammerl und Sieglinde Loesti, die nun als "ParteiFreie" ihr eigenes Ding machen, künftig nicht mehr zwangsläufig auf die Mehrheit aus BMS, WPS, BLS und FDP zählen. Die Euphorie der ersten Tage ist verflogen: Beim "Bündnis Mitte Starnberg", der Gruppierung der Bürgermeisterin, die sich angeblich für "transparentes politisches Handeln" stark macht, hängt der Haussegen schief. Die Bürgerliste mault, weil ihre Ansinnen zur Verkehrslösung ungehört bleiben, und auch bei der WPS wachsen die Zweifel. Zudem hat John die Opposition sträflich vernachlässigt: Anträge wurden ignoriert oder verschleppt, Sachverstand und Fachwissen leichtherzig beiseite geschoben.

Im Stadtrat ist die Bürgermeisterin am Montag über ihre Hauptprobleme gestolpert: Mangelhafte Kommunikation, eigenmächtige, teils sogar rechtswidrige Entscheidungen, Beratungsresistenz und Intransparenz. Die jüngste Sitzung jedenfalls markiert unübersehbar den vorläufigen Tiefpunkt ihres politischen Schaffens. Vom Glanz der einstigen Hoffnung Starnbergs, die sich im Kommunalwahlkampf als Eva mit einem Apfel in der Hand und dem Versprechen, das fortan alles besser werde, auf Stimmenfang ging, ist nach nur zwei Jahren Amtszeit jedenfalls kaum etwas geblieben.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: