Spezlwirtschaft galt lange geradezu als ein Wesensmerkmal der CSU. Bei der Besetzung von Posten und Ämtern dürften gute Kontakte oft eine große Rolle gespielt haben, der Zusammenhalt von Seilschaften und Männerbünden manchmal mehr bewirkt haben als der Nachweis von Kompetenz. Basisdemokratie war eine Grille der Grünen. Das hat sich geändert.
Die CSU-Kreisverbände starten gerade in ein aufwendiges und mehrstufiges Auswahlverfahren, um ihren Bundestagskandidaten für die Wahl im Herbst nächsten Jahres zu bestimmen. Transparenz, Offenheit und die Mitwirkung der Parteimitglieder sind den Kreisvorsitzenden Stefanie von Winning aus Tutzing und Alex Dorow aus Landsberg ganz wichtig. Vor Probeabstimmungen bei Versammlungen in Schondorf und Andechs trauen sich beide keine Vorhersage zu, wer sich dabei durchsetzen wird. Hier wird nicht mehr der Basis ein Vorschlag zum Abnicken präsentiert, hier wird ein Meinungsbildungsprozess organisiert. Basisdemokratie bei der CSU, wer hätte das gedacht?
Den Aufwand muss die Partei deshalb treiben, weil sie möglichst elegant ein Luxus-Problem zu lösen hat. Mindestens sieben Mitglieder würden gerne ihren Arbeitsplatz wechseln, von der kommenden Legislaturperiode an in Berlin wohnen und im Bundestag über Gesetze abstimmen. Bei den Grünen, der SPD oder der FDP zum Beispiel ist das anders. Da ist das Gedränge nicht ganz so groß, im Kreis Starnberg stehen die Namen schon fest. Kein Wunder, denn bei den Erfolgsaussichten in Bayern ist bei ihnen vor allem Leidensfähigkeit gefragt. Während ein Direktkandidat der SPD sich nicht unbedingt auf berufliche Neuorientierung einstellen muss, fällt für einen Bewerber der CSU die Entscheidung schon im Oktober, wenn die Delegierten über ihn abstimmen. Sein Wahlkampf beginnt jetzt. In den eigenen Reihen.