Kommentar:Mehr als warme Suppe

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Gemeinden haben die Pflicht, Obdachlose unterzubringen. Doch diese brauchen mehr, als nur ein Bett und eine warme Mahlzeit. Kommunen sollten auch eine Sozialberatung anbieten.

Von Carolin Fries

Es gibt eine Sache, die haben diverse sportliche Wettkämpfe und Kommunen gemeinsam. Beide müssen zunächst ein Pflichtprogramm bewältigen, beide dürfen sich erst dann mit der Kür schmücken. Und stets gilt es dabei zu lächeln. Für die Kommunen gehört es unter anderem zu ihrer Pflicht, ausreichend Kitaplätze zur Verfügung zu stellen und die Straßen instand zu halten. Und wer nachweislich kein Dach über dem Kopf hat, dem muss die Gemeinde eine Notunterkunft bereit stellen. Das ist ihre Pflicht. Doch die allein reicht nicht im Umgang mit Obdachlosen.

Denn mit der Unterkunft alleine ist es nicht getan. Die Betroffenen brauchen nicht nur ein Bett und eine warme Suppe, sondern auch eine Beratung, um den Weg zurück in ein reguläres Mietverhältnis zu schaffen. Wer in Zeiten wie diesen auf der Straße landet, hat womöglich gar nicht viel verkehrt gemacht. Knapp 270000 Münchner gelten aktuell als arm, jeder elfte ist verschuldet. In der Landeshauptstadt gibt es mehr als 9000 Wohnungslose. Im Landkreis ist die Lage kaum entspannter. "Unsere größte Sorge ist die Wohnungsnot", sagte Friedrich Büttner, Leiter des Sozialamts, im Dezember. "Die Mieten steigen eklatant." Oft reicht die Aneinanderkettung unglücklicher Umstände - Krankheit, Trennung, ein prekäres Arbeitsverhältnis - und die Wohnung ist nicht mehr zu halten, geschweige denn eine günstigere Bleibe in Sicht.

Gemeinsames Ziel von Betroffenen und Kommunen muss es sein, dass die Notunterkunft nicht zur Dauerbleibe wird. Davon profitieren schlussendlich alle. Dass die Gemeinde Krailling seit Kurzem fünf Schlafräume für Wohnungslose zur Verfügung stellt und dort für zunächst fünf Stunden in der Woche eine Sozialberatung anbietet, zeigt, dass es durchaus möglich ist, auf die Pflicht eine Kür draufzusetzen. Und die Aussage des Geschäftsleiters, man habe sich damit einen lang gehegten Wunsch erfüllt, beweist: Dabei zu lächeln, ist gar nicht so schwer.

© SZ vom 27.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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