Das postfaktische Zeitalter ist keine Erfindung von Brexit-Befürwortern oder Donald Trump. Am Ammersee gibt es Politiker und Aktivisten, die sich schon länger beharrlich weigern, Realitäten zur Kenntnis zu nehmen. Am Südufer etwa ignorieren die Befürworter eines Radwegs entlang der Birkenallee sämtliche Stellungnahmen von Fachleuten und Politikern zum Thema. Sie rufen weiter zu Demos auf, obwohl nicht die geringste Aussicht besteht, dass eine Trasse durch das Naturschutzgebiet jemals genehmigt werden kann.
Am Nordufer wiederum gibt es eine unbelehrbare Mehrheit im Schondorfer Gemeinderat, die das Lagerhaus am gemeindeeigenen Bahnhof um jeden Preis schleifen will. Das ursprüngliche Ziel, anstelle der denkmalgeschützten Güterhalle eine Bushaltestelle zu errichten, musste längst aufgegeben werden, eine sinnvolle Nutzung für das trostlose Areal zwischen Gleisen und Straße ist nicht zu erkennen. Doch namentlich Florian Gradl (FW), Marlene Orban (SPD) und die CSU-Vertreter haben in ihrer irrationalen Abneigung gegen das Lagerhaus jedes Augenmaß verloren: Jetzt haben sie sogar eine Kunstaktion zum Kreiskulturfest verboten, die darin stattfinden sollte - und mit der Andreas Kloker eigentlich eine Versöhnung zum strittigen Thema herbeiführen wollte. Die Gelegenheit wäre günstig gewesen, verhärtete Fronten aufzuweichen, denn längst ist abzusehen, dass sich für einen Abriss der Güterhalle keine Begründung finden lässt, die den Denkmalschutz aushebeln könnte.
Stattdessen brüskiert man einen weithin geschätzten Künstler. Gerade in Schondorf hatte und hat die Kultur einen hohen Stellenwert - um so lächerlicher und beschämender ist das Kunstverbot im brach liegenden Lagerhaus. Die geradezu ideologische Besessenheit, mit der manche Gemeinderäte trotz des Fehlens jeglicher Argumente gegen das Lagerhaus vorgehen, erinnert an den Bildersturm von Islamisten, die "heidnisches" Kulturerbe zerstören.