Kommentar:Herausforderung und Chance

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Die Integration von Migranten in die Arbeitswelt ist keine leichte Aufgabe, der sich die heimische Wirtschaft aber stellen muss

Von Otto Fritscher

Auch wenn sich die Stimmung bei den Verbrauchern in den vergangenen Monaten ein klein wenig getrübt hat, braucht der Wirtschaft im Landkreis Starnberg vor dem nächsten Jahr nicht bange zu sein. Es herrscht ohnehin fast schon traditionell eine lockere Stimmung bei den Firmenbesuchen des Starnberger IHK-Gremiums. Aber diesmal spricht IHK-Chef Martin Eickelschulte beim Abstecher zu Eos nach Krailling sogar von "phänomenalen Wirtschaftsaussichten für 2016". Aber selbst bei solchen Gute-Laune-Terminen wird Eickelschulte dann doch schnell wieder ernst, wenn man ihn nach den größten Herausforderungen fragt, denen sich die IHK und mithin die Betriebe im Fünfseenland zu stellen haben.

Da nennt Eickelschulte nicht gleich an erster Stelle den Fachkräftemangel, wie dies eigentlich zu erwarten wäre. Als größte Aufgabe bezeichnet er die Integration von Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt. Dies sei "sowohl ein Problem wie auch eine große Chance". Damit liegt der IT-Unternehmer zweifelsohne richtig. Denn die meisten Asylbewerber, vor allem die jungen Männer, wollen nur eines: raus aus der Langeweile, rein in die Arbeit. Dies dürfen sie auch nach neun Monaten; nur weiß keiner bisher so genau, welche Qualifikation die Syrer und Afghanen mitbringen. Es sind Ärzte dabei, Menschen, die in ihrer Heimat Taxi gefahren sind, und auch solche, die erst mit dem Alphabet bekannt gemacht werden müssen.

Das ist die menschliche Seite des politischen Problems, dessen sich Eickelschulte durchaus bewusst ist. Die deutsche Gesellschaft braucht diese zugewanderten Menschen, denn es werden nicht nur jetzt Arbeitskräfte gesucht. In Zukunft werden solche sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse noch wichtiger sein, damit das Rentensystem am Laufen gehalten werden kann. Junge Beitragszahler werden dringend gebraucht.

Die Integration von Asylbewerbern in den Arbeitsmarkt kann allerdings nur gelingen, wenn zuvor die Sprachbarriere und das Wohnungsproblem in vernünftiger Weise gelöst werden. Von Flüchtlingen, die in Deutschland bleiben wollen, darf man erwarten, dass sie die deutsche Sprache erlenen wollen, nur dann können sie vernünftig ins soziale Leben, aber auch in den Arbeitsmarkt eingebunden werden. Und klar ist auch, dass die Asylbewerber nicht auf Dauer in Zeltstädten oder Containerburgen wohnen können, vor allem dann nicht, wenn bei anerkannten Bewerbern irgendwann die Familien nachkommen.

Da steht auch die Wirtschaft in der Pflicht, wieder Wohnraum für Mitarbeiter bereitzustellen. Die Schaffung von günstigem Wohnraum allein den Städten und Kommunen zu überlassen und auf die Gewerbesteuer zu verweisen, die man ja zahlt, das wäre zu wenig. Und im Landkreis gibt es bisher nur sehr wenige Unternehmen, die ihren Mitarbeitern nicht nur eine Anstellung, sondern auch eine Wohnung bieten.

Die Wirtschaft sei bereit, die Integration der Flüchtlinge in Angriff zu nehmen, sagt IHK-Chef Martin Eickelschulte. Spätestens nächstes Jahr müssen den Worten Tagen folgen. Auch wenn das keine einfache Aufgabe ist.

© SZ vom 02.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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