Kommentar:Guter Ruf steht auf dem Spiel

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Die Existenz der Klinik darf nicht durch Kaputtsparen oder überhebliches Auftreten der Starnberger gefährdet werden

Von Christine Setzwein

Kann ein Krankenhaus mit nur 72 Betten wirklich eigenständig betrieben werden? Kann so ein kleines Haus tatsächlich eine schwarze Null erwirtschaften? Wer die Entwicklung des Gesundheitswesens und den Niedergang vieler Kliniken in den vergangenen Jahren verfolgt hat, muss eigentlich beide Fragen mit einem klaren Nein beantworten. Nicht so der Zweckverband Krankenhaus Seefeld. Das schlimmste Szenario für die Bürgermeister der sieben Trägergemeinden und den langjährigen Ärztlichen Direktor Nikolaus Hermes war die Übernahme durch die Kreisklinik in Starnberg. Also legte man sich ins Zeug, sanierte, baute um und an, kaufte modernes medizinisches Gerät, stellte hochqualifizierte Ärzte und engagiertes Pflegepersonal ein. Es zahlte sich aus. Die Fallzahlen stiegen, die Umlage für Gemeinden und Landkreis sank. Und dann die erlösende Nachricht: Wir schreiben eine schwarze Null. Dass der Geschäftsführer den Haushalt nur schön gerechnet hatte, konnte niemand ahnen und laut Kommunalem Prüfungsverband auch nicht erkennen.

Nun ist das Kind in den Brunnen gefallen. Ein Defizit in Höhe von 4,5 Millionen Euro in vier Jahren bedeutet rein rechnerisch pro Jahr eine Million. Hier von einem "Managementfehler" zu sprechen, ist schon gewagt. Ob die Seefelder Klinik künftig eigenständig bleiben kann, wird ein externer Prüfer herausfinden. Wenn nicht, hat der Landrat die Richtung vorgegeben. Für ihn kommt nur eine Zusammenarbeit mit dem Kommunalkrankenhaus in Starnberg in Frage. Und das ist gut so. Sowohl Starnberg wie auch Seefeld waren jahrelang Zuschussbetriebe und hatten jahrelang einen denkbar schlechten Ruf. Dass Landkreisbürger in ihren Portemonnaies Zettel hatten, auf denen stand, sie wollten im Ernstfall auf keinen Fall ins Starnberger Krankenhaus gebracht werden, ist kein Witz.

Heute haben beide Häuser einen sehr guten Ruf über die Landkreisgrenzen hinaus. Der darf nicht ruiniert werden durch Kaputtsparen oder überhebliches Auftreten der großen Starnberger den kleinen Seefeldern gegenüber, sollte es zur Kooperation oder gar Fusion kommen. Das Feld einer großen Krankenhauskette zu überlassen, wäre zumindest unklug. Und überhaupt nicht im Sinne der Andechser, Gilchinger, Herrschinger, Inninger, Seefelder, Weßlinger und Wörthseer. Das sind immerhin 53 600 Menschen. Und um die geht es doch, oder?

© SZ vom 29.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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