Kommentar:Grün ist nicht gleich grün

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Die Gemeinde will das nördliche Pioniergelände unbedingt schützen - und gibt gleichzeitig im Süden Biotope für eine Firmenerweiterung frei

Von Carolin Fries

Der Erhalt der Natur, das haben nicht nur die Ergebnisse der Landtagswahl gezeigt, ist den Bürgern wichtiger denn je. Wenn es um geplante Bauprojekte im Grünen geht, ist auch der Sitzungssaal im Kraillinger Rathaus immer gut gefüllt. Die sprichwörtlich grüne Wiese haben sich die Menschen hier schon mehrmals per Bürgerentscheid gesichert. Einmal war ein Sportzentrum auf der Sanatoriumswiese geplant, einmal ein Wohn- und Geschäftshaus auf der Maibaumwiese. Beide Flächen sind bis heute grün. Aktuell streiten engagierte Kraillinger um den Erhalt des Paulhan-Platzes als grüne Ortsmitte. Dass die Gemeinde nun beim Schutz des nördlichen Pioniergeländes auf Nummer sicher gehen will, werden die Bürger danken.

Es ist nicht verwerflich, wenn eine Gemeinde wohlüberlegt ein Stück Natur opfert. Dabei gilt es, Naturschutz und gemeindliche Weiterentwicklung gut abzuwägen. Zweifellos eine Gratwanderung - werden die Flächen doch immer knapper, der Siedlungsdruck größer, die Erholungssuchenden mehr. Das Ziel Kraillings muss es sein, wertvolle Biotope vehement zu verteidigen, nicht aber jede grüne Wiese. In welcher Kategorie das nördliche Pioniergelände rangiert, werden die nun beauftragten Untersuchungen zeigen.

Doch geht es der Rathausverwaltung tatsächlich um Flora und Fauna? Südlich des Pioniergeländes hat der Gemeinderat in der gleichen Sitzung nur wenige Minuten zuvor den Weg frei gemacht für den Erweiterungsbau der Firma EOS, den Weltmarktführer im 3D-Druck und größten Gewerbesteuerzahler der Gemeinde. Hier werden bereits naturschutzrechtlich untersuchte Biotope zerstört, bedrohte Arten müssen aufwendig umgesiedelt werden. Die Gemeinde profitiert finanziell vom Grundstücksverkauf und den Steuereinnahmen. Eine Gewerbeansiedlung im nördlichen Teil aber brächte Krailling weder Geld noch Ruhm. Abkassieren würde lediglich die Öl-Gesellschaft, werfen Logistikzentren kaum Steuern ab. Krailling bekäme lediglich mehr Verkehr.

© SZ vom 30.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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