Kommentar:Es fehlt an Mut

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Starnberg verzichtet auf Internet-Übertragung und damit auf mehr Transparenz

Von Peter Haacke

Es hätte eine Zäsur in der Starnberger Medienpolitik sein können, ein wahrhaft mutiger Akt zur öffentlichen Teilhabe interessierter Bürger im Kampf gegen die Politikverdrossenheit. Immer wieder hatten die Gruppierungen der Allianz - allen voran das Bündnis Mitte Starnberg (BMS) und die Wählergemeinschaft pro Starnberg (WPS) - Öffentlichkeit, Transparenz und Bürgerbeteiligung der Kommunalpolitik in den Fokus gerückt. Doch seit Montag ist klar: Es waren lediglich Feigenblätter, die sich BMS und WPS im Verbund mit Bürgerliste und FDP aufgeklebt haben. In der Abstimmung um eine Prüfung der Möglichkeiten für Video- oder Audioübertragungen von Stadtrats- und Ausschusssitzungen fiel der CSU-Antrag mit 15:16-Votum durch. Die entscheidende Stimme gegen das Vorhaben kam von Bürgermeisterin Eva John: Noch vor drei Jahren hatte sie einen nahezu gleichlautenden Antrag der SPD vehement unterstützt und im Hinblick auf Sitzungsübertragungen ins Internet befunden: "Wir sollten uns schon jetzt auf den Weg machen."

Doch irgendwo auf diesem Weg muss John im Gestrüpp ihrer parteipolitischen Abhängigkeiten hängengeblieben sein. Überdies blieb sie in der Debatte, in der teilweise abstruseste Argumente genannt wurden, bemerkenswert sprachlos. Vertreter von FDP und WPS sorgten sich um Starnbergs Haushaltslage, die doch angeblich so herausragend ist und die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung rechtfertigen soll. Beim BMS dagegen, das sich stark macht "für transparentes politisches Handeln", überwog die Sorge, dass einige Stadträte, deren Einwilligung man zur Übertragung braucht, nicht mitmachen könnten und damit dem Bürger Sinnzusammenhänge verschlossen bleiben. Die abwegigsten Argumente gegen eine Übertragung aber kamen von der WPS, die sich stets laut und vernehmlich über verfälschte Darstellungen und das Informations-Monopol der Presse beklagt: "Was ist mehr wert als das gesprochene Wort?", fragte Markus Mooser, der die Bürger nicht "medial vollsäuseln" will. Deutlich machte er vor allem eins: Seine berechtigte Angst, im Internet als bizarre Polit-Karikatur aus der Provinz dargestellt zu werden.

WPS, FDP, BLS und BMS haben eine große Chance vertan. Ihnen fehlt der Mut, den vielen großen Worten auch Taten folgen zu lassen. Auf der Strecke geblieben sind: Öffentlichkeit, Transparenz und Bürgerbeteiligung.

© SZ vom 27.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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