Kommentar:Auf die Lehrer hören

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Im Fünfseenland ist die Übertrittsquote aufs Gymnasium besonders hoch, dabei müsste genau hier nicht Jeder studieren, um einen guten Job zu bekommen

Von Otto Fritscher

Man kann es durchaus so sagen: Fast nichts im Landkreis Starnberg ist normal. Das gilt nicht nur für die bundesweit höchste Kaufkraft, die meisten Ärzte oder die dicksten Geländewagen. Auch die Übertrittsquote von der Grundschule auf die Realschulen und Gymnasien sucht bayernweit ihresgleichen. Sie beträgt im Fünfseenland nach (geschätzten) Angaben des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands etwa 90 Prozent - eine Zahl, die nicht weit von der Wirklichkeit entfernt sein dürfte. Zum Vergleich: Bayernweit beträgt die Übertrittsquote nur gut 50 Prozent.

Was sind die Gründe? Nicht anzunehmen ist, dass die Schüler im Fünfseenland schlauer sind als andernorts. Klar ist indes, dass der soziale Hintergrund eine große Rolle spielt. Und im Landkreis Starnberg wohnen nun mal überdurchschnittlich viele Akademiker, die ihre Kinder natürlich bis zur Hochschulreife bringen, manchmal auch durchboxen wollen. Und genau hierin liegt das Problem: Nicht "Wie sag' ich's meinem Kinde?" ist die Frage, sondern: "Wie sag' ich's den Eltern" lautet das Problem, vor dem viele Grundschullehrer stehen, wenn sie Eltern erklären sollen, dass das Kind besser auf der Mittelschule bleibt, als sich durchs Gymnasium zu quälen und dann doch bestenfalls in der Realschule zu landen.

Fingerspitzengefühl und auch Mut brauchen die Lehrkräfte für solch eine Aussage, denn mit der Drohung, einen Rechtsanwalt beizuziehen, sind etliche Eltern schnell bei der Hand. Ein Hinweis, oder gar eine Warnung, die das Starnberger Schulamt allen Lehrer-Neulingen explizit mit auf den Weg gibt.

Doch gerade im Fünfseenland muss nicht jeder studieren, um später einen guten Job zu bekommen. Davon wissen viele Unternehmer ein Lied zu singen. Um Fachkräfte zu gewinnen, müssen sie künftig noch mehr an den Schulen werben, um Azubis zu rekrutieren, und Aktivitäten wie der "Tag der Ausbildung", alljährlich im November, werden an Bedeutung gewinnen. Doch letztendlich ist es Aufgabe der Eltern, für das Wohl der Kindern zu sorgen. Und den Pädagogen in Schulen durchaus Gehör zu schenken, wenn es um die Beratung über die schulische Laufbahn geht.

© SZ vom 15.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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