Kolumne:Mehlschwalben statt Delfin

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Nachdem sein Stellvertreter von der SPD einen Meeressäuger gerettet hat, will auch Landrat Karl Roth (CSU) ein Viech. Zufällig nisten gefährdete Vögel in der Nähe seines Büros

Von Eurem Nepomuk

Eines habt Ihr ja sicher schon gemerkt: Als Geist bringt mich ja nicht wirklich viel aus der Fassung. Aber ganz echt: Die Geschichte mit dem gestrandeten Delfin, den der Dritte Landrat Tim Weidner vor dem sicheren Tod bewahrt hat, die hat selbst mich gerührt. Da sind mir echt ein bisserl die Tränen gekommen. Und nicht nur mir.

Sogar Landrat Karl Roth soll ein bisserl beeindruckt gewesen sein - aber vielleicht auch ein bisserl neidisch auf seinen Stellvertreter von der SPD. Denn der Carlo hätt' nun auch gern so ein Tier in seiner Vita. Drum denkt er jetzt darüber nach, wie er den zwei Hechten, die noch im Teich vor dem Landratsamt rumschwimmen, delfingleiches Springen beibringen könnt'. Und darüber, was er noch so alles in dieses Gewässer setzen könnt'. Schildkröten, so hab' ich ihn selbst reden hören, findet er ja auch ganz flott. Am besten ganz viele davon. Aber da müsst' er auch viele Kühlschränke anschaffen, damit die Tiere einen vernünftigen Platz zum Überwintern haben. Und von dieser Investition in die Zukunft - Schildkröten können ja recht alt werden - wird er seinen Kämmerer kaum überzeugen können. Schon gar nicht, weil der Kreis in den nächsten Jahren eh schon Schulden machen wird - für den Neubau der Fachoberschule zum Beispiel.

Tja, und da sind wir auch schon mitten in einem anderen tierischen Problem, das den armen Carlo plagt. Mehlschwalben. Sechs Nester oder so sind in dem alten Betriebshof der Stadt entdeckt worden, der für den Neubau abgerissen werden sollte. Das geht jetzt nicht. Mehlschwalben gelten nämlich als gefährdet, und darum darf man ihnen nicht einfach ihr Heim nehmen. Und das will er ja auch gar nicht, der Landrat. Nur: Was tun?

Lieber Carlo, ganz einfach: Du lockst die Vögel auf die Terrasse vor Deinem Büro. Gut, eine Mehlschwalbe ist kein Delfin, nicht mal ein Hecht oder gar eine Schildkröte. Aber sie mag die Nähe zu Gewässern. Davon hast Du genug. Der Kämmerer würde nicht schimpfen, Du könntest die Schule bauen - und hättest endlich ein Tier, sogar mehrere. Auf jeden Fall mehr als der Tim Weidner. Der musste seinen Delfin zurücklassen und starrt seither nur sehnsüchtig auf seine Fotos. Das rührt zutiefst

© SZ vom 26.01.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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