Kolumne:Im Starnberger Bermuda-Dreieck

Lesezeit: 1 min

In der Kreisstadt kann man sich derzeit ordentlich verfahren - oder sogar komplett verschwinden

Von Eurem Nepomuk

In Starnberg kann es ja manchmal ein bisschen länger dauern mit dem Auto. Am Tutzinger-Hof-Platz zum Beispiel hat der eine oder andere schon viel Zeit zugebracht oder am Seufzerberg. Und seit neuestem auch drüben im Gewerbegebiet. Aber liebe Leut', dass einer ganz abhanden kommt, ist euch so etwas schon mal passiert?

Also, ein Bekannter von mir wollt' kürzlich nur mal schnell zum Wertstoffhof. Nur mal schnell, sagte er. Er sei gleich wieder da. Er habe drei Säcke voller Grüngut in seinem Auto, und das bei der Hitze. In seinem Wagen rieche es schon wie in einem Topf Sauerkraut, sagte er, und fuhr los in Richtung Petersbrunner Straße. Das ist jetzt drei Tage her.

Irgendetwas muss ihm widerfahren sein in dem Starnberger Bermuda-Dreieck, das aus Baustellenabsperrungen, Einbahnstraßen, Durchfahrt-verboten-Schildern und Fahrzeugkolonnen besteht. Dort ist der Verkehr teilweise zum Erliegen gekommen. Dort wurden Fahrzeuglenker beobachtet mit einem Gesicht, wie es die Münchner sonst bloß auf dem Mittleren Ring aufhaben. Den Blick ins Leere gerichtet, mit einem Ausdruck der Wiederkehr des immer Gleichen, von Unendlichkeit, Hoffnungslosigkeit, letztlich Vergeblichkeit. Und mittendrin eine fahrende Kompostieranlage.

Da macht man sich schon Sorgen. Ich hab' mir schon vorgestellt, wie der Bekannte sich endlich meldet und am Telefon berichtet, dass er einfach dort geblieben sei, den Wagen irgendwo abgestellt habe in dem Karree zwischen Waschanlage und Wertstoffhof und sich mittlerweile ganz wohl dort fühle. Dass ihn die Mitarbeiter des Abfallwirtschaftsverbandes an der Moosstraße morgens schon immer freundlich grüßten, dass er ab und zu beim TÜV vorbeischaue oder beim Roten Kreuz und schon manches anregende Gespräch geführt habe mit Reisenden, die seit Stunden einen Weg aus der Sackgasse suchten. Und wie er auf die Frage nach der Essensversorgung nur etwas von Sauerkraut faselt, ehe seine Stimme in einem Hupkonzert untergeht...

Aber jetzt muss ich los. Grünzeug wegbringen. Das kann dauern. Bis nächste Woche. Euer Nepomuk

© SZ vom 31.08.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: