Kolumne:Endlich wieder was los!

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Die ÖDP stellt am Wochenende in Starnberg ihren Direktkandidaten für den Bundestag auf - nicht virtuell, sondern ganz real

Von Eurem Nepomuk

Liebe Leut', ist's Euch eigentlich auch so fad? Mir schon. Ich sitz' ja bloß noch daheim rum und gehe der Nepomuka auf die Nerven. Aber wo soll ich auch hin? Es findet ja kaum mehr was statt. Am vergangenen Wochenende zum Beispiel war mir so langweilig, dass ich von meinem Sofa im Wohnzimmer am Grund des Starnberger Sees auf mein Sofa in meinen Gemächern im Weßlinger See geflohen bin. Da habe ich es aber nicht lange ausgehalten; die Leute über mir sind alle fast nur im Kreis gefahren. Ganz schwindlig ist mir da geworden. Und dann noch das Kratzen der Kufen ihrer Schlittschuhe auf dem Eis. Nervtötend. Da ist mir der Geduldsfaden gerissen und ich bin wieder heim nach Starnberg.

Und jetzt glaub' ich fast, dass es der ÖDP genauso geht wie mir. Die waren mir ja früher, als ich noch grüne Mofas gefahren bin, immer gram. Aber jetzt? Jetzt ist alles anders. Jetzt retten die mein Wochenende. Denn statt wieder irgendwo abzutauchen, wo es mir grad gar nicht taugt, gehe ich jetzt einfach mal am Samstag in die Starnberger Kaiser-Wilhelm-Straße. Dort stellen die ihren Direktkandidaten oder Direktkandidatin für die Bundestagswahl auf. Ausgerechnet im Gemeindesaal der evangelischen Kirche. Keine Ahnung, warum ausgerechnet dort. Aber mir ist das wurscht. Hauptsache, mal raus. Und Hauptsache mal wieder zu einer Veranstaltung, die ganz real stattfindet, nicht nur virtuell. Na ja, das ginge ja in dem Fall gar nicht, so eine Wahl am Computer.

Die ÖDP hat sich daher auch schon mal entschuldigt, dass so etwas in Corona-Zeiten auf diese Weise stattfinden müsse. Deshalb, so schreiben sie in ihrer Ankündigung, werde die Veranstaltung "so klein und so zügig wie irgend möglich abgehalten". So wurscht mir ist, warum die ÖDP ihre Wahl bei den Protestanten abhält, so wurscht wird es dem Coronavirus sein, wie schnell die alle zu Pötte kommen und sich auf jemanden einigen. Aber schuld an dem allen, ist natürlich nicht die ÖDP, sondern Horst Seehofer. Der ist zwar grundsätzlich an allem schuld, aber in dem Fall... Also Seehofer habe, so die ÖDP, bereits im Sommer den Auftrag gehabt, für derlei Veranstaltungen Lösungen mit seinem Innenministerium zu erarbeiten: "Ein Ergebnis ist er uns leider schuldig geblieben", schreibt die ÖDP.

Das wird den Seehofer aber wurmen! (Wahrscheinlich ist es ihm so wurscht, wie mir). Dennoch ist es ausgerechnet die SPD, die Seehofer und all den anderen wichtigen Nasen da in Berlin gewissermaßen Rückendeckung gibt. Die SPD schiebt nämlich ihre Aufstellungsversammlung so lange, bis der Bund eine Online-Vorstellungsrunde und Briefwahl erlaubt. Das soll ja kommen (aber nicht bei der ÖDP). "Eine Spaßveranstaltung" sei so etwas aber nicht, hat die Carmen Wegge geschrieben, die ja unbedingt in den Bundestag für die SPD will. Also mal schauen, wo ich mir das dann antue. In Weßling bestimmt nicht. Bleibt fast nur die Couch im Starnberger See. Auch wenn es mir dort sicher wieder fad wird: Gesünder als bei der ÖDP ist es allemal, meint

© SZ vom 23.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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