Kino Seefeld:Gedichte auf Rädern

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Mit Ron Padgets Gedichten gewappnet: Nicola Bardola (rechts) und Anton G. Leitner bei der Lesung. (Foto: Fünfseen-Filmfestival)

Der Film- und Poesieabend mit Anton G. Leitner und seinen Freunden

Von Patrizia Steipe, Seefeld

Es sei einer der poetischten Filme, die er je gesehen habe, sagte Anton G. Leitner. Der Lyriker aus Weßling muss es wissen. Schließlich schaue er schon aus beruflichen Gründen alle Filme an, die mit Poesie zu tun haben, sagte er beim Poesie-und-Film-Abend des Festivals im Kino von Schloss Seefeld. Gezeigt wurde "Paterson", ein Film von Kultregisseur Jim Jarmusch. Vor zwei Jahren ist die Hommage an den amerikanischen Poeten William Carlos Williams, der in Paterson, New Jersey gelebt hatte, in die Kinos gekommen.

Erstmals fand die Reihe "Dichtung und Film" in Seefeld statt, denn der Gasthof Schuster in Hochstadt hat zugemacht. "Wir müssen unser Publikum neu aufbauen", so Leitner. An die 200 Besucher, die zu den Open-Air-Abenden gekommen waren, reichten die Seefelder Besucher nämlich nicht heran. Das dürfte auch am Thema gelegen haben. Statt Action wurde den Kinogästen eine "stille Beobachtung des Unscheinbaren" versprochen. Darauf muss sich der von schnellen Schnitten verwöhnte Cineast erst mal einlassen. In "Paterson" gibt es keine spektakuläre Handlung. Es geht ums Beobachten und Entdecken. Im Mittelpunkt steht ein dichtender Busfahrer. Eine Woche lang begleiten ihn die Zuschauer in seinem gleichförmigen Alltag.

Sie lernen seine empathische Partnerin mit dem Faible für Schwarzweiß kennen, die freundliche Nachbarschaft und die Gäste der Stammkneipe, mit ihren immer gleichen Themen. Jarmusch unterstreicht die sanft einlullende Monotonie mit Großaufnahmen. Dabei dreht sich alles um Poesie. Während der Poet seine Gedichte notiert - der US-Lyriker Ron Padget hat sie für den Film verfasst - flimmert der Text groß über die Leinwand. Und überall sind es die Details, der Subkontext, die entdeckt werden müssen.

Zur Einstimmung gab es Gedichte von Leitner und seinen Freunden. "(...) Auf der Zeitachse des Älterwerdens: Dort sind sie verteilt, die Hochs und die Tiefs. Und die Zustände dazwischen (...)" deklamierte Schriftsteller Nicola Bardola. Leitner hatte den Zuhörern Gedichte aus verschiedenen Jahrzehnten mitgebracht. 1999 war seine Poesie auf kleinen Zuckertütchen abgedruckt worden: "Schnee, Mann. Das Erleben von heute, ist die Erinnerung von morgen. Morgen fällt Schnee. Über Morgen schmilzt Er. In ihren Armen." Gabriele Trinckler ist Lektorin im Leitner-Verlag und dichtet selbst: "schschsch, du musst ganz leise sein, die Bäume ziehen friedlich vorüber, solange wir ihnen keine Angst machen. Schau nur, der Jägerzaun kreuzt seine Latten und wünscht uns Glück (...)", begann eines ihrer ruhigen Gedichte.

Als Überraschungsgast präsentierte Leitner die 17-jährige Anna Münkel. Sie dichtet, seit sie neun Jahre alt ist. 2017 ist ihr Band "Spiegeldei" erschienen: "Wenn Hundeknochen fliegen können, Mäuse englisch sprechen und Autos schwimmen, dann ist das die Fantasie", begann ihr Poem. Besser konnte man nicht auf "Paterson" überleiten.

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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