Jahresausstellungen:Im Doppelpack

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Die "Roseninsel" und der Kunstverein Berg präsentieren an diesem Wochenende ihre Arbeiten. Vielfalt ist sowohl in der Schlossberghalle als auch im Marstall Trumpf

Von Katja Sebald

Vorbei sind die Zeiten, in denen die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Künstlervereinigung ein Statement war. Vorbei auch die Zeiten, in denen die Kreativen am West- und Ostufer des Starnberger Sees miteinander in Konkurrenz standen und sich in jeweils eigenen Vereinen organisierten: Der Kunstverein Roseninsel und der Kulturverein Berg veranstalten zeitgleich an diesem Wochenende ihre Mitgliederausstellungen - und nicht wenige Künstler sind sowohl in Starnberg als auch in Berg vertreten.

Die klassische Jahresausstellung bietet den Mitgliedern eines Kunstvereins die sichere Möglichkeit, zu zeigen, was sie im Lauf des Jahres geschaffen haben. Man muss sich dabei keiner Jury im eigentlichen Sinn stellen und meistens auch kein bestimmtes Thema bearbeiten - das Ergebnis ist beinahe zwangsläufig eine überbordend bunte Vielfalt und eine große Bandbreite an Techniken wie auch Qualitäten.

Der Kunstverein Roseninsel hat derzeit 125 Mitglieder, von denen gut die Hälfte an der diesjährigen Ausstellung beteiligt sind. Die insgesamt 164 Arbeiten - die weitaus meisten sind Gemälde, Zeichnungen und Fotografien - sind an vielen Stellwänden im großen Saal der Schossberghalle gehängt. Als Gastaussteller sind die diesjährigen Kunstpreisträger der Stadt Starnberg, Annette Girke, Britta Göckeritz und Uta Sasgen, mit von der Partie.

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(Foto: Georgine Treybal)

Künstler im Karree: Die "Roseninsel" zeigt in Starnberg ihre Arbeiten.

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(Foto: Georgine Treybal)

Zu den Exponaten gehören Uschi Scherers "Maremma".

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(Foto: Georgine Treybal)

Mantel und Anorak: Lucie Plaschka (zweite von rechts) zeigt mit Christiane Leimklef, Petruschka Thomas und Marlies Beth (von links) ihr Mantelobjekt.

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(Foto: Georgine Treybal)

Birgit Berends steuert "Der Anorak" bei.

Unter den wenigen Skulpturen und Objekten stechen eine großformatige "Wächterfigur" aus Terrakotta von Margarita Wiederholt und die zwar "lebensgroßen", aber dennoch handlich kleinen Bronzen, ein Spatz und ein Fisch, von Christiane Rausch hervor. Monumental sind die Fotografien von Arno Landwehr, die unter dem Titel "Hoffnung" auf das Schicksal von Geflüchteten aufmerksam machen wollen. Gekonnt sind die Portraits, die Alexander Kowarzyk mit Kohle, Kreide, Blei- und Filzstiften zeichnet, wenn auch teilweise nach fotografischen Vorlagen.

Alles andere als virtuos, aber dennoch sehr intensiv und mehr als anrührend sind die Bilder von Helga Kremer, die trotz einer Parkinsonerkrankung malt und mit Titeln wie "Mit dem Visum für das Jenseits ins Gebirge" eine bewundernswerte Selbstironie offenbart.

Eher zu den Kuriositäten dieser Ausstellung dürfte die dreiteilige Bildserie "Dürer mit neuer Frisur" und der Versuch über die "Transverberation der heiligen Theresa von Avila" gehören. Der Kunstverein Roseninsel möchte Autodidakten wie Kunstschaffenden mit akademischem oder kunsthandwerklichem Hintergrund eine Plattform bieten. Nicht zuletzt deshalb gehört zur Mitgliederausstellung auch immer ein Rahmenprogramm, unter anderem ein Workshop zur Aquarellmalerei (Montag, 11. November, von 10 bis 15 Uhr) und eine Bildbesprechung mit den ausstellenden Künstlern (ebenfalls am 11. November, von 16 bis 18 Uhr).

Ein Bild ohne Titel von Else Streifer-Schröck, die ebenfalls Teil der "Roseninsel" ist. (Foto: Georgine Treybal)

Über Stellwände nachdenken müssen nun wohl auch die vier Damen der "Hängekommission" im Berger Marstall, denn der Kulturverein Berg kann sich zwar über zahlreiche Neuzugänge freuen, gerät aber dadurch in Platznöte. Auch hier gibt es in der aktuellen Ausstellung deutlich mehr zweidimensionale als dreidimensionale Exponate. Das weitaus meiste ist ungegenständliche Malerei: wahre Farbexplosionen, Streifen- und Strukturbilder, geometrische Anordnungen und wilde Kompositionen mit auf die Leinwand geklebten Fundstücken, zurückhaltende Ton-in-Ton-Stimmungen und auch konzeptionelle Bildserien.

Die Bildhauerin Birgit Berends-Wöhrl zeigt drei kaum handgroße Bronzefiguren als bezaubernde Hommage an den Anorak - und Birte Pröttel eine ebenfalls kleinformatige, sehr subtil gestaltete Frauenfigur aus Keramik. Sanna Myrttinen hat ein hübsches Panorama mit München-Motiven in Schwarz und Weiß zusammengestellt, und Daniela Antonacci fügt Zeitungsschnipsel, kleine Zeichnungen, Farbkleckse und Textzeilen zu hintersinnig-erzählerischen Miniaturen. Einen großen Auftritt in der Mitte des Saals hat das Mantelobjekt von Lucie Plaschka, es ist aus einer Vielzahl von leider in Plastik eingeschweißten Aktzeichnungen genäht.

„Stufen“ heißt dieses Werk von Carl Schmöle. (Foto: Georgine Treybal)

Winzig im Format und auf den ersten Blick völlig unspektakulär ist hingegen eine Collage von Christiana Biron. Das mit "Die schwangere Zwiebel" betitelte Blatt hat es jedoch in sich: Nicht nur die technische Finesse, mit der die Künstlerin gefundenes Bildmaterial ganz analog zusammenmontiert, ist geradezu atemberaubend. Vielschichtig und voller Andeutungen ist die Geschichte, die sich in dieser dunkel-geheimnisvollen und unendlich zarten Bildwelt entspinnt.

Die Ausstellung des Kulturvereins im Marstall Berg ist nur noch an diesem Wochenende, Samstag und Sonntag jeweils von 11 bis 18 Uhr, zu sehen. Die Ausstellung des Kunstvereins Roseninsel in der Starnberger Schlossberghalle ist noch bis zum Mittwoch, 13. November, täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet.

© SZ vom 09.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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