Henrik Jörgens (CSU):Der Mann für die Langstrecke

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Henrik Jörgens, 57, engagiert sich als Übungsleiter im Sportverein. (Foto: Nila Thiel)

Der 57-Jährige ist hart im Nehmen - ob als Triathlet oder Verwaltungsmann

Von Carolin Fries

Im Flur der Doppelhaushälfte von Henrik Jörgens stapeln sich die Kartons. Darin Hunderte Postkarten im Querformat, auf denen sich der 57-Jährige in Hemd und Jackett als "Ihr Bürgermeisterkandidat" vorstellt. Dazu gibt es Postkarten im Hochformat zur Meinungsäußerung auf der Rückseite und Türanhänger, falls Jörgens bei seinen Hausbesuchen niemanden antreffen sollte. Außerdem verschenkt er kleine Gläser "Kraillinger Honig", was ein bisschen geschummelt ist, denn eigentlich kommt der Honig aus Germering. Beladen wie der Weihnachtsmann zieht er also dieser Tage von Haus zu Haus, um sich in der Gemeinde vorzustellen. "Ich bin der Honig-Jörg." Er lacht. Knapp einhundert Haushalte habe er schon geschafft, nur einmal habe man ihm die Tür vor der Nase zugehauen.

Henrik Jörgens nimmt es sportlich. Der Mann hat im vergangenen Jahr fünf Triathlon-Wettkämpfe in der Olympischen Distanz bestritten, den letzten mit Leistenbruch. Er hat gelernt, dass kein Schritt umsonst ist, auch wenn es manchmal wehtut. Der Sport ist ein großer Teil seines Lebens, drei Mal in der Woche steht er in der Halle oder zieht im Schwimmbad Bahnen. Wenn auch längst nicht mehr, um eigene Rekorde zu knacken. Er hat im TV Planegg-Krailling eine Jugendgruppe aufgebaut, die er leitet und mittrainiert und an den Gymnasien im Würmtal sogenannte Arbeitsgemeinschaften für Triathlon eingerichtet. Fünf Übungsleiter-Lizenzen hat er gemacht, für den bayerischen Triathlon-Verband ist er Jugendwart. Der Sport habe ihn gelehrt, Menschen zu motivieren, "alle mitzunehmen", so der gebürtige Bonner, der 2003 mit seiner Frau und den beiden Kindern von Puchheim nach Krailling zog. Hier vermisse er nichts - außer ein Sportzentrum. Er bedauert es, dass die Pläne der Gemeinde für die Sanatoriumswiese 2005 an einem Bürgerbegehren gescheitert sind.

Die Kinder sind inzwischen 25 und 23 Jahre alt und haben ihr Studium abgeschlossen. Und auch Henrik Jörgens hat ein großes Projekt abgeschlossen. Nach acht Jahren als Pressereferent und Sachgebietsleiter für Öffentlichkeitsarbeit im Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München sammelte er von 2009 an über eine Abordnung des öffentlichen Dienstes Erfahrungen im Bundesinnenministerium in Berlin. Dort baute er in der Abteilung zur Verwaltungsmodernisierung die Einrichtung der Behördenrufnummer 115 mit auf. Jede Woche pendeln. Jörgens erzählt, irgendwann habe ihn das Flughafenpersonal schon gekannt, er sei oft auf den letzten Drücker noch dahergekommen. Für zwei Jahre war das Projekt angesetzt, acht Jahre habe es schließlich gedauert. Seit 2017 arbeitet der Bankkaufmann, der in Koblenz BWL studiert hat, wieder in der Verwaltung der Landeshauptstadt, seither im IT-Referat. "Im Beruf habe ich gelernt, projektbezogen zu arbeiten." Und dass viel erreicht ist, "wenn 80 Prozent sagen, dass eine gute Lösung erreicht wurde".

So will er es auch in der Politik angehen, ein absolutes Neuland für ihn. Auf seiner Internetseite platziert er zwar mehrfach Bilder, die ihn an der Seite des ehemaligen Innenministers Thomas de Maizière zeigen, was den Anschein erweckt, dass sich hier zwei Politiker treffen. Doch die Bilder entstanden während seiner Dienstzeit in Berlin. Erst im Herbst, als die CSU auf der Suche nach einem Nachfolger für Christine Borst war, die angekündigt hatte, 2020 nicht mehr zu kandidieren, trat er in die Partei ein. "Vorher war keine Zeit für aktive Parteiarbeit", sagt er. Die CSU sei definitiv sein Zuhause, eine Kandidatur ohne Partei im Rücken hab er nie in Erwägung gezogen. Und auch wenn man den rheinischen Dialekt deutlich hört und sein Name mehr dänisch als bayrisch klingt: Er hat eine Lederhose und einen Trachtenjanker im Schrank, die er gerne trage. "Ich fühle mich als Bayer".

In die Kraillinger Gemeindepolitik arbeite er sich gerade ein, besucht die Ausschuss- und Gemeinderatssitzungen. Für ihn zähle vor allem der "Kitt der Gemeinde" wie er sagt. In seinen Augen sind das die Vereine, die Feuerwehr, die etablierten Gruppen und Treffpunkte. Diese gelte es zu stärken. Ebenso wie die Gewerbetreibenden, das KIM sei "einmalig". "Es bekäme alle meine Unterstützung", so Jörgens.

Er will bei den Bürgern mehr Bewusstsein für die Produkte und die Leistungen schaffen, die hier erbracht werden. "Made in Krailling" sei eine starke Marke. Die Ortsmitte in ein Begegnungszentrum zu verändern, hält er für wichtig und richtig, "der Grundgedanke ist gut". Am teuren Granit zur Pflasterung hält er nicht fest. Der Ergänzungsbau für Betreutes Wohnen beim Altenheim Maria Eich erhält seine volle Unterstützung, und auch die Grundschulsanierung gelte es zügig anzugehen. Jörgens will den ÖPNV ausbauen, neue Radwege bauen und die gemeindlichen Liegenschaften energetisch sanieren. Doch nicht alles müsse Krailling alleine stemmen. "Die Würmtal-Gemeinden müssen noch stärker kooperieren", sagt er. Insbesondere, wenn das Geld knapp wird. Den Bau eines Bürgerhauses lehnt er deshalb ab, "das lässt sich nicht wirtschaftlich betreiben". Treffen von Senioren und Vereinen müsse man deshalb in Kooperation mit ortsansässigen Gaststätten ermöglichen.

Austausch und Dialog sei wichtig. Sollte er Bürgermeister werden, will er eine regelmäßige Bürgersprechstunde in allen Ortsteilen einrichten. Um die Artenvielfalt zu fördern, könne die Gemeinde eine Expertenberatung für Privatgärten anbieten. Er hat so vieles auf dem Zettel, dass er es sicherheitshalber notiert hat. Jetzt schaut er nach, ob er etwas Wichtiges vergessen hat. Nein, es ist alles gesagt. Nur eines noch: Ob man denn auch wissen wolle, welcher Politiker er zu seinen Vorbildern zählt? Das wäre Alois Glück.

© SZ vom 16.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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