Hechendorf:Gefiederte Schützlinge

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Nur fünf Kiebitz-Pärchen brüten aktuell im Landkreis. Der Vogel gilt als stark gefährdet. (Foto: dpa)

Am Aubachweg brüten zwei der seltenen Kiebitz-Pärchen

Von Helene Köck, Hechendorf

Schon im vergangenen Jahr hat Constanze Gentz ein Kiebitz-Pärchen bei der Brut und Aufzucht seiner Jungen beobachtet. Ein Jungvogel hat überlebt und ist zusammen mit den Eltern und einem neuen Partner in diesem Jahr zurückgekehrt. So kommt es, dass am Aubachweg heuer zwei Kiebitz-Pärchen brüten. Und das ist ein großes Glück, wenn man bedenkt, dass aktuell im gesamten Landkreis nur fünf Brutpaare gezählt wurden.

Die schönen Vögel haben es nicht leicht: Auf der roten Liste der bedrohten Arten wird der Kiebitz als stark gefährdet eingestuft und entsprechend alarmierend sind die Zahlen: Bayernweit ist der Kiebitz-Bestand seit den Neunzigerjahren um 75 Prozent gesunken und von den geschätzten 6000 bis 9000 Brutpaaren im Jahr 2012 waren in der Saison 2014/15 nur noch 2500 übrig. Schuld ist in erster Linie der Verlust von geeigneten Brutstätten. Kiebitze brüten in Feuchtwiesen und Mooren, die hierzulande immer weniger werden. Auf den überdüngten und "verfilzten" Wiesen, die in der Region dominieren, haben die Kiebitzjungen mit ihren kurzen Schnäbelchen keine Chance, nach Insekten zu stochern. Und auch der Klimawandel leistet seinen Beitrag: "Kiebitzjunge müssen sehr viel trinken, die meisten verdursten, weil die Wiesen austrocknen", sagt Constanze Gentz, die mittlerweile Expertin geworden ist. Als Kompromiss siedeln viele Pärchen jetzt auf Äcker um, die spät eingesät werden - das sind beispielsweise Mais- oder Wintergetreidefelder. Dort sind die Vögel dann aber auf die Rücksichtnahme der Landwirte angewiesen. Und die sind ohnehin schon in der Situation, vielschichtige Interessenskonflikte abwägen zu müssen. "Es ist immer etwas heikel, mit den Landwirten zu sprechen", sagt Constanze Gentz. Vor allem aber herrsche großer Informationsmangel, vielen Menschen sei das Problem gar nicht bewusst. Constanze Gentz hat den Landwirt, der die Felder am Aubachweg bestellt, überzeugen können, auf die beiden Kiebitz-Familien Acht zu geben. Sie kämpft wie eine Löwin für ihre gefiederten Zöglinge und konnte sogar durchsetzen, dass die Baustelle für eine neue Hochspannungsleitung, die am Aubachweg verlegt werden soll, erst nach dem Brutzeitraum beginnt.

Wenn die Kiebitzjungen erst einmal geschlüpft sind, weiß sie, dass sich die Mühe gelohnt hat: "Die kleinen Vögelchen sind unglaublich süß und faszinierend - sie müssen sich gleich vom ersten Tag an selbst ernähren", sagt Constanze Gentz begeistert. Aber nach dem Schlüpfen ist die Zitterpartie noch längst nicht vorbei, eine ganze Reihe Gefahren lauern auf die kleinen Kiebitze - zum Beispiel Hunde oder Menschen, die einfach so in die Wiese stapfen. Insgesamt dauert es fünf Wochen, bis die Jungen flügge werden, schon Ende Juni fliegen sie zum Überwintern in den Süden. Wenn alles gut geht, kommen sie im nächsten Frühjahr wieder. Kiebitze bleiben ihrem Brutort nämlich treu - was für ein Glück, wenn der so gut bewacht wird wie jener von Constanze Gentz am Aubachweg.

© SZ vom 01.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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