Geruchsbelästigung:Ziegen stinken den Nachbarn

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In Hechendorf wird seit Jahren um eine Geißenzucht gestritten. Florian Cichon möchte den Bestand vergrößern. Dabei darf er mit Zustimmung des Landratsamtes rechnen, obwohl die Gemeinde dagegen ist

Von Christine Setzwein, Seefeld/Hechendorf

Für den Seefelder Bürgermeister Wolfram Gum (CSU) ist die Sache eindeutig. "Wir können dem nicht zustimmen, weil wir uns damit nur Ärger einhandeln." Das sahen am Dienstag auch die Gemeinderäte so und lehnten den Antrag von Florian Cichon einstimmig ab. Der 33-jährige Hechendorfer nahm es gelassen. Kann er auch. Das Landratsamt Starnberg hat bereits mitteilen lassen, dass es den ablehnenden Bescheid der Gemeinde ersetzen wird.

Es geht um eine ziemlich anrüchige Angelegenheit - sagen die Nachbarn von Cichon. Einer von ihnen ist Martin Schmitt, gefeierter Pianist, Sänger, Komponist, Texter und Entertainer. "Es stinkt jetzt schon so, dass wir es nicht mehr aushalten", wetterte er in der Gemeinderatssitzung, bis ihn der Bürgermeister zur Ordnung rufen musste. Ganz zu schweigen von den Fliegen. Was da in seiner unmittelbaren Nachbarschaft stinkt, sind Ziegen. 60 Milchziegen ganzjährig, 20 Stück Nachzucht und 120 Jungtiere für zwei bis drei Monate. Und wenn es nach Florian Cichon geht, sollen es noch mehr werden. Zwei Ziegenböcke sollen dazukommen und für insgesamt vier Monate 60 männliche und 60 weibliche Aufzuchtlämmer. Außerdem möchte er auf dem Gelände im Süden von Hechendorf die bestehende Maschinen- und Bergehalle zum Ziegenstall machen und an der Landwirtschaftshalle anbauen für eine Ballentrocknungsanlage. Das Landratsamt und das Amt für Landwirtschaft haben damit keine Probleme.

Der Streit über die Ziegenzucht zwischen Hauptstraße und Bachlaich geht seit 1999. Damals begannen die juristischen Auseinandersetzungen wegen der Ziegenzucht, die der Vater von Florian Cichon, der Rechtsanwalt Josef Cichon, im Nebenerwerb betreiben wollte. Erst 2009 entschied der Bayerische Verwaltungsgerichtshof zugunsten der Familie Cichon. "Und erst seit zwei Jahren haben wir den vollen Bestand", sagt Florian Cichon, der nicht nur ausgebildeter Landwirt, sondern auch Meister für Elektrotechnik, Heizung und Sanitär ist. Ursprünglich wollte er aus dem Neben- eine Haupterwerbsbetrieb machen, wegen der Probleme mit den Nachbarn würde er auch umsiedeln, hat aber bisher kein geeignetes Grundstück gefunden. Er verstehe die Anwohner, sagt er, aber mit den Maßnahmen, die er jetzt plane, wäre der Geruch nicht mehr so schlimm. Momentan sei der Stall nämlich nicht "optimal".

Bis zu 700 Kilogramm Milch pro Ziege und Jahr produziert Cichon. Abnehmer ist die Biomolkerei Scheitz in Andechs. Die Nachfrage nach Ziegenmilchprodukten wächst stetig. Die nach regionalen Produkten auch, "aber keiner duldet mehr Landwirtschaft neben sich". In Hechendorf gebe es nur noch vier landwirtschaftliche Betriebe, bedauert Cichon. "Die Leute wollen essen, aber irgendwoher müssen das Getreide und Fleisch ja kommen."

"Die Leidtragenden sind die Anlieger", schimpfte Martin Dosch (CSU) im Gemeinderat. Die Ziegen sollen weg. "Aber wir müssen eine vernünftige Ersatzlösung finden", meinte Robert Schindlbeck (CSU-Fraktion). Und die heißt: umsiedeln und/oder umwidmen. Aus dem Grundstück mit der Ziegenzucht könne auch ein Gewerbegebiet werden, hieß es.

Florian Cichon kann den Ärger der Nachbarn schon verstehen, aber aufgeben will er seine Ziegenzucht nicht. Umsiedeln wäre eine Möglichkeit. (Foto: Nila Thiel)

Dem Vernehmen nach ist Bürgermeister Gum schon am Strippenziehen. In diesen Tagen sollen bereits Gespräche mit Cichon und möglichen Interessenten für das Areal am Bachlaich stattfinden. Florian Cichon wird sich das alles anhören. Aber wenn eine Umsiedlung nicht klappt, "mach' ich weiter". Aufgeben möchte er die Ziegenzucht nicht, dazu gefällt ihm die Beschäftigung mit den Tieren zu gut. Die Liebe zu Ziegen liegt schließlich in der Familie. 1992 hat Vater Josef seine erste Ziege geschenkt bekommen. Der Sohn nannte sie "Piece".

© SZ vom 26.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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