Gefängnis Rothenfeld:Wärter lässt sich von Häftlingen Bad renovieren

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In Rothenfeld gebe es "engere Beziehungen im Werks- und Arbeitsdienst", hält der Richter dem Wärter zugute. (Foto: Georgine Treybal)

Der 48-Jährige wird zu einer Geldstrafe verurteilt und muss um seinen Arbeitsplatz fürchten

Von Christian Deussing, Rothenfeld

Der Beamte verfügt über eine Dienstwohnung auf dem Gefängnisgelände von Rothenfeld, wo Häftlinge im offenen Vollzug oder als Freigänger leben. Dabei gibt es Regeln, die der Mitarbeiter dieser Außenstelle der Justizvollzugsanstalt Landsberg aber nicht eingehalten hat. Denn er ließ sich von zwei Insassen an einem Samstag und am Wochenende vor knapp drei Jahren sein Badezimmer gratis renovieren und besser ausstatten. Durch eine anonyme Anzeige flog die Sache auf. Der Inspektor erhielt wegen Vorteilsannahme einen Strafbefehl von 45 Tagessätzen zu 65 Euro (2925 Euro), wogegen er jedoch Einspruch einlegte.

Nun saß der 48-Jährige am Dienstag im Starnberger Amtsgericht neben den früheren Häftlingen, die ebenfalls eine mildere Strafe erreichen wollten. Im Fokus stand indes der Justizbeamte, der sich angespannt die Anklage des Staatsanwalts anhörte. Demnach habe der Gefängnis-Mitarbeiter gegen Dienst- und Sicherheitsvorschriften verstoßen und sich ohne Auftrag unentgeltlich das Badezimmer von den beiden Gefangenen verschönern lassen. Das Duo erhielt wegen Vorteilsgewährung einen Strafbefehl von 900 Euro und 1200 Euro. Diese Beträge wurden im Prozess nach rechtlicher Verständigung unter den Parteien in Geldauflagen umgewandelt und von den beiden Angeklagten, einem 34-jährigen Elektroniker und 31 Jahre alten Fließenleger, zügig akzeptiert.

Beide Männer wirkten während der Verhandlung ganz entspannt und versicherten dem Gericht, fristgerecht die Summen an die Bayerische Gefangenenfürsorge zu zahlen. Dagegen musste sich der Verteidiger des Beamten intensiver mit ihm besprechen und bat abermals um ein Rechtsgespräch mit Richter Franz von Hunoltstein und dem Staatsanwalt hinter verschlossenen Türen. Zuvor hatten sämtliche Angeklagte zu den Vorwürfen geschwiegen - wohl aus taktischen Gründen.

Auch der Beamte hoffte offenbar noch, über eine Auflage die Einstellung des Verfahrens zu erwirken. Doch der Staatsanwalt wollte da nicht mitspielen und forderte, dass zumindest noch 1950 Euro als Strafe zu zahlen sind. Der Verteidiger betonte hingegen, dass sein Mandant geständig sei und die Tat lange Zeit zurückliege. Zudem gebe es gegen den Angeklagten ein schwebendes Disziplinarverfahren, das an die Generalstaatsanwaltschaft weitergeleitet wurde. Der Ausgang sei ungewiss, worunter der Beamte leide, weil eine weitere Bestrafung im Raum stehe, sagte der Anwalt. Das weiß der Angeklagte natürlich, in dem Fall geht es nämlich auch um seine berufliche Zukunft in der Justiz. Dieses Problem haben die mitangeklagten Ex-Häftlinge und Renovierungshelfer nicht, die längst den Gerichtssaal verlassen durften.

Am Ende verhängte der Amtsrichter eine Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 60 Euro, also 1800 Euro. Er hielt dem Bediensteten aber zugute, zuvor völlig unbescholten gewesen zu sein. Rothenfeld sei außerdem eine kleine Justizvollzugsanstalt mit "engeren Beziehungen im Werks- und Arbeitsdienst". Das Gericht berücksichtigte auch, dass das lange Straf- und Disziplinarverfahren eine Belastung für den Angeklagten und dessen Familie sei.

Geladen waren zum Prozess auch drei Zeugen - darunter die Ehefrau des Rothenfeld-Beamten. Sie mussten jedoch nicht mehr aussagen. Nach der Verhandlung unterhielt sich der Beamte noch vor dem Gerichtsgebäude mit den einstigen Häftlingen, die in dieser Sache wohl endgültig aus dem Schneider sind. Dagegen muss der 48-jährige Inspektor womöglich um seinen Arbeitsplatz zittern - letztlich wegen einer törichten Handlung und einer anonymen Anzeige.

© SZ vom 14.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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