Gauting:Till Wilkening

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Stefan Wilkening gibt beim Gautinger Kinderfrühling im Bosco den Till Eulenspiegel. Der Schauspieler macht das so gut, dass die Narreteien in der Fantasie der Zuhörer Realität werden

Blanche Mamer, Gauting

Stefan Wilkening liest und spielt auf der Bühne des Gautinger Bosco den Till Eulenspiegel. Foto: Franz-Xaver Fuchs (Foto: STA Franz X. Fuchs)

Gauting "Am 1. Mai, um fünf nach zwei, auf Bayern zwei"- dreimal müssen die Kinder den Satz auf Geheiß von Stefan Wilkening laut und deutlich nachsagen. Und sich den Termin dann gut merken. Denn "Till Eulenspiegel", der Auftakt zum Gautinger Kinderfrühling im Bosco, ist diesmal etwas ganz Besonders. Das Stück wird als Hörspiel vom Bayerischen Rundfunk mitgeschnitten.

Der Schauspieler darf also ein Buch in der Hand halten und wenn er sich verspricht, sagt er einfach "Schnitt" und fängt den Satz noch einmal an. Der Regisseur weiß dann, dass er das im Studio herausschneiden darf, erklärt Bernhard Jugel, der den Text geschrieben hat und das Live-Hörspiel inszeniert.

Kulissen braucht es nicht. Auf der Bühne links steht der Tisch des Geräuschemachers Max Bauer, mit Aufbauten von Glöckchen, Metallstäben, Trommeln, hölzernen Kästen; rechts stehen Stuhl und Mikrofon des Musikers Roman Bunka und als einziges Versatzstück mittendrin prangt ein imposantes rotes Ledersofa mit Goldumrahmung. Hin und wieder nimmt Wilkening Platz. Doch meist steht er, eilt hin und her und liest seinen Text. Ein wirrer Haarwust, eine herausragende Nase, eine komische Mimik und eine kräftige Stimme, das reicht, um die Sagen über den Schelm lebendig werden zu lassen.

Till Eulenspiegel, der Narr und Gaukler, der vor vielen hundert Jahren, so ungefähr im 15. Jahrhundert, in einem Dorf in Niedersachsen geboren sein soll, hat mit seinen Schwindeleien und närrischen Späßen seine Mitmenschen gefoppt und ist damit in die Literatur eingegangen. Sein Markenzeichen, die Schelmenmütze mit den drei langen, spitz zulaufenden Enden mit Schellen, die an einem Mantelständer hängt, braucht Wilkening nur selten.

Begleitet von den Geräuschen und Melodien der zwei großartigen Musiker, erzählt er vom Bauerssohn, der gleich dreimal getauft wurde, weswegen ihm die Alten entweder eine wunderbare Begabung oder ein Ende auf dem Schafott voraussagten. Schon als Bub kam Till auf kuriose Ideen. Als sich die Nachbarn über seine rüden Späße und Streiche beklagten, überzeugte er den Vater, mit ihm durchs Dorf zu reiten. Und foppte die Nachbarn erneut. Dem Vater blieb nur der Umzug mit der Familie. Gebannt lauschen die Kinder, kichern und freuen sich über diesen verrückten Burschen. Nach dem frühen Tod des Vaters kann er den Wunsch der Mutter, ein Handwerk zu lernen, nicht erfüllen und macht sich auf, seine Gaunereien in immer neuen Städten und Dörfern auszuprobieren. Wilkening spielt das so schön vor, dass die Gaunereien in der Fantasie der kleinen und großen Zuhörer Realität werden.

Da ärgert er zwei Spitzbuben, die einen Bienenkorb stehlen wollen, da lässt er sich auf die Burg eines Raubritter bringen, von dem er viel lernt, den er aber schließlich auch hinters Licht führt. Da malt er die Wände im Palast weiß an und sagt, dass nur der die Bilder von den Ahnherren erkenne, der nicht lüge. Und es gelingt ihm, einem Esel das Lesen beizubringen, nämlich die Buchstaben I und A. Tills List bestand darin, dass er die Worte seiner Gegenüber stets wörtlich nahm und diese wörtlich in die Tat umsetzte. Trotzdem musste er Strafe befürchten und so machte er sich nach jedem Streich schleunigst davon, jedoch nie ohne seine Signatur "hic fuit", unterzeichnet mit "Eule und Spiegel" zu hinterlassen. Beim Finale dürfen die kleinen Zuhörer mitmachen: sie klatschen und skandieren Rap-Reime und wollen noch lange nicht nach Hause. Es war ein fulminanter Auftakt.

© SZ vom 18.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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