Delegationsbesuch:Botschafter der Wirtschaft

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Der Leiter der deutschen Vertretung in Taipeh will Kontakte vertiefen

Von Astrid Becker, Taipeh

Es riecht nach Croissants. In der Nähe einer Bäckerei wäre das nicht ungewöhnlich, wohl aber in dem Aufzug, der die Starnberger Delegation auf das höchste Gebäude von Taiwans Hauptstadt Taipeh befördern soll. Im 33. Stock befindet sich das German Institute. Dort ist der erste offizielle Gesprächstermin für dioe Besucher aus Starnberg anberaumt, am Morgen nach einem Festmahl mit dem Vize-Bürgermeister von New Taipei City, Huey-Chin Yeh.

Hinter dem akademisch anmutenden Namen Deutsches Institut verbirgt sich die deutsche Vertretung, die sich nicht Botschaft nennen darf, weil Taiwan kein Staat ist, sondern nur die Republik China - im Gegensatz zur Volksrepublik China. Eine klare Abgrenzung, aber für die Bühne der Diplomatie und des Völkerrechts eben nicht so klar, dass es für eine deutsche Botschaft hier reichen würde. Über eine Schleusentür erreichen die Starnberger einen Besprechungsraum. Martin Eberts leitet das Institut, ist also Botschafter, ohne Botschafter zu sein. Seine Arbeit sei "eigentlich nicht" von der eines Botschafters zu unterscheiden, sagt er. Vor 34 Jahren habe er geheiratet, erzählt er, nicht in seiner Heimat, dem Sauerland, sondern in Starnberg. Weil er die Gegend liebe und er dort viele Freunde habe. "Ich komme also noch immer wieder einmal in diese Gegend", sagt Martin Eberts.

Taipeh 101 war bis 2007 das höchste Gebäude der Welt. Im 33. Stock sitzt das Deutsche Institut. (Foto: Astrid Becker/oh)

Weiter berichtet Eberts davon, welche wichtige Rolle die Beziehung zu Taiwan für Deutschland spiele. Dass das Land einer der wichtigsten Handelspartner für die Bundesrepublik sei, dass Taiwan eine ähnlich groß im Export sei, dass das Land ebenfalls mit dem demografischen Wandel zu kämpfen habe, dass hier Umweltthemen eine große Rolle spielten ebenso wie die Energiewende. So will Taiwan bis zum Jahr 2025 seine drei Atomreaktoren abgeschaltet haben und auf Kohle- und Gaskraftwerke umstellen.

Als der Diplomat der Delegation dann berichtet, dass viele große Yachten in Taiwan gebaut würden und dass es zu seinen Aufgaben gehöre, Firmen zusammenzubringen, kann der Starnberger Landrat Karl Roth gar nicht mehr anders, als die Vorzüge des Fünfseenlands ins Spiel zu bringen. Die Firma Torqueedo zum Beispiel, die sich auf Elektromotorboote spezialisiert habe, mittlerweile die großen Schiffe für die Queen umrüste, auf diesem Gebiet Marktführer und vor allem in der Batterien- und Speicherforschung sehr aktiv sei. Unterstützt wird Roth dabei maßgeblich von der Verkehrsmanagerin des Landkreises, Susanne Münster, die das Unternehmen ebenfalls anpreist. Als es um Robotertechnologie und Forschung geht, hat Roth die Deutsche Gesellschaft für Luft- und Raumfahrt (DLR) im Sinn, und Eberts hört genau zu.

Zwar wird er Taiwan im Juni turnusgemäß nach vier Jahren Dienst verlassen, er will aber dabei behilflich sein, neue Wirtschaftskontakte zwischen dem Landkreis Starnberg und dem Inselstaat zu knüpfen. Und er verspricht, bald nach Starnberg zu kommen und mit dem Landrat nach Andechs auf den Heiligen Berg zu pilgern; auf ein Bier und ein gutes Gespräch.

Als die Delegation später mit dem Aufzug nach unten fährt, ist der Geruch nach Croissants wieder da. Er kommt von unten. In dem 508 Meter hohen Gebäude ist auch eine Bäckerei untergebracht. Hergestellt wird dort aber nicht das französische Nationalgebäck, sondern ein typisches Hörnchen der Region. Es trägt einen Namen, den man mit "Kuhhornbrot" übersetzen könnte. Als die Starnberger das erfahren, fühlen sich fast ein wenig wie Zuhause.

© SZ vom 12.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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