Besuch:Lebendige Jumelage

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Bei herrlichem Sonnenschein starten die Besucher aus Bergs französischer Partnerstadt Phalsbourg zur Brunchfahrt auf dem Starnberger See. (Foto: Georgine Treybal)

Gäste aus der Partnergemeinde Phalsbourg in Berg

Von Sabine Bader, Berg

Gespanntes Warten vor dem Berger Rathaus, die Europaflagge flattert neben der Berger Fahne im Wind. Schaffen die Gäste aus Phalsbourg die letzten hundert Kilometer noch oder stehen sie ein weiteres Mal im Stau? Endlich biegt der Bus um die Kurve. Sie sind da. Gegen neun Uhr morgens bereits waren die 40 Besucher in der Lothring'schen Stadt gestartet. Doch erwartungsgemäß sind sie nicht die Einzigen, die es am Pfingstwochenende nach Süden zieht.

Unter den gut 20 Wartenden vor dem Berger Rathaus ist auch Vizebürgermeister Anderas Hlavaty. Er sticht hervor mit seiner gelben Warnweste. "Damit sich unsere Gäste gleich wie zuhause fühlen", sagt er in Anspielung auf die Proteste der Gelbwesten und grinst. Und sie fühlen sich gleich wohl bei Willkommensschluck und Häppchen im Rathaus. Wie die Sekretärin von Bürgermeister Rupert Monn erwartet hat, bleiben die Brötchen erst mal unberührt auf den Platten liegen, denn es gibt so viel zu erzählen. Doch da hat Anita Stiefel die Rechnung ohne den Wirt gemacht: Monn greift sich schnell die erste Platte und marschiert los, dann die zweite, die dritte und die vierte. Alle Brote gehen weg - schon deshalb, weil ihm niemand einen Korb geben will. Als alles vertilgt ist, sagt Monn zufrieden: "Na, geht doch!"

Und es wird weiter gefuttert, geratscht und gelacht beim Abendessen im Schlosshotel Berg. Von Fremdeln keine Spur. Im Gegenteil: "Die Partnerschaft lebt mehr denn je", sagt Monn. "Sie trägt im Kleinen dazu bei, dass die Menschen in Frankreich und Deutschland sich näher kommen." Und das sei besonders in Tagen der europäischen Krise wichtig. "Wir fördern das europäische Bewusstsein."

Seit 28 Jahren treffen sich die Berger und Phalsbourger nun schon regelmäßig. Bald 20 Jahre davon mit Rupert Monn, 64, an der Spitze und sogar 26 mit dessen französischem Amtskollegen Dany Kocher, 59. Und so ist es nicht verwunderlich, dass diesmal auch ein wenig Wehmut mitschwingt: Denn beide Rathauschefs stellen sich im kommenden Jahr nicht noch einmal zur Wahl. "Ich war um die 15 Mal in Berg, habe rund 150 Liter Bier getrunken, viele Gläser Hirschkuss - und mein Bauchumfang ist um zehn Zentimeter gewachsen", sagt Kocher. Er will wieder kommen, auch wenn er nicht mehr Rathauschef ist. Und auch Monn will mit seiner Ehefrau Juliane wieder nach Phalsbourg reisen. Im kommenden Jahr wollen die Berger sogar einen Maibaum in Phalsbourg aufstellen.

Überhaupt sind alle Beteiligten überzeugt, dass die Partnerschaft auch in der Zukunft Bestand haben wird. Ein gutes Zeichen ist schon allein die Tatsache, dass am Samstagabend nach dem Ausflug nach Ettal und Oberammergau an die 100 Berger zur Feier beim Alten Wirt in Höhenrain kommen und die Brunchfahrt mit dem Dampfer am Sonntag rasend schnell ausgebucht ist.

Die Gelbwesten haben übrigens auch in Phalsbourg um die 100 Anhänger. Mehrfach hatten sie auf einem Kreisverkehr demonstriert und waren von der Polizei vertrieben worden, bis ihnen Rathauschef Kocher ein gemeindeeigenes Gelände zur Verfügung stellte.

© SZ vom 12.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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