Bernried:Unterricht im grünen Klassenzimmer

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In Bernried startet das erste Modellprojekt für "Outdoor Education" in Bayern - das Gegenstück zur theoretischen Schule

Von Sylvia Böhm-Haimerl, Bernried

In der Grundschule Bernried startet bayernweit das erste Modellprojekt für "Outdoor Education", die Draußen-Schule. Erste Ansätze sind in Zusammenarbeit mit der Ludwig Maximilians Universität München bereits in den vergangenen drei Monaten umgesetzt worden.

Nun wurde das Pilotprojekt dem Haupt- und Finanzausschuss der Gemeinde vorgestellt. In der Draußen-Schule findet der Unterricht in der freien Natur statt. Schon in den Sommerferien hatten Eltern und Kinder in Zusammenarbeit mit Bund Naturschutz und Gartenbauverein auf einem Gemeindegrundstück ein "Grünes Klassenzimmer" eingerichtet. Es wurden Bäume gepflanzt und ein Insektenhotel gebaut. Ein Lehm-Ofen und Sitzgelegenheiten sollen 2015 folgen. Zudem ist eine Kooperation mit dem Kloster Bernried vorgesehen. Die Kinder können dort den Kräutergarten und andere Einrichtungen besuchen. Im Gegenzug darf das Kloster das "Grüne Klassenzimmer" nutzen. Die Parklandschaft soll ebenfalls mit einbezogen werden. Doch die Kinder sollen nicht nur direkten Bezug zur Natur bekommen, sie sollen auch Handwerksbetriebe, Feuerwehr, Landwirtschaft oder Klärwerk kennenlernen. Das große Plus in dem kleinen Dorf Bernried ist, dass alle Einrichtungen, in denen künftig der Unterricht stattfindet, von der Schule aus zu Fuß erreichbar sind. Wie die Lehrerin Karin Huber erläuterte, ist der Unterricht in Bayern oft theoretisch, die Kinder lernen beispielsweise Pflanzen und Bäume anhand von Arbeitsblättern kennen. "Sie haben den Wald nicht gerochen und wissen nicht, wie sich der Wald anhört." In der Draußen-Schule indes würden sie der Wirklichkeit begegnen.

Die Outdoor Education kommt laut Huber aus Skandinavien. Insbesondere in Finnland werde diese Form des Unterrichts seit Jahren mit Erfolg umgesetzt. Auch in Bernried "leben die Kinder förmlich auf", so die Lehrerin. Sie bewegten sich mehr, die Konzentration sei besser, es seien bessere Leistungen zu erwarten. Einmalig ist laut Huber auch, dass sich das gesamte Lehrerteam an dem Projekt beteiligt. Zwar fehle derzeit noch die Resonanz der Eltern, aber "die Freude der Kinder spricht für sich", betonte Huber. Die Väter und Mütter sollen auf einem Elternabend im Januar ausführlich informiert werden.

Kooperation mit dem Kloster Bernried: Die Schulkinder sollen den Kräutergarten des Konvents nutzten können. (Foto: Treybal)

Bei der Nachmittagsbetreuung sollen die Kinder ebenfalls möglichst viel in der Natur sein. In Zusammenarbeit mit dem Waldkindergarten wurde das Projekt "die Waldläufer" gestartet. Wie Kindergartenleiterin und Gemeinderätin Veronika Bischoff festgestellt hat, sind die Schüler oft "hibbelig" und voller überschäumender Energie, wenn sie nach den Hausaufgaben in den Wald kommen. Bischoffs Erfahrung nach dreimonatiger Pilotphase ist positiv: "Die Natur wirkt ausgleichend und heilend." Die Kinder könnten den Wald aus einer anderen Perspektive kennenlernen, könnten spielen oder hätten Zeit, einmal nichts zu tun.

Im kommenden Jahr soll das Projekt weiter ausgebaut werden. Dazu sollen die Kinder selbst zu ihren Vorstellungen und Wünschen befragt werden. Auch das ist neu in Bayern. Für die Umsetzung der Draußen-Schule selbst sind keine Investitionen notwendig. Die Befragung, das Waldläufer-Projekt sowie eine Veranstaltungsreihe für Elternbildung sind mit knapp 25 000 Euro veranschlagt. Die Kosten müsste die Gemeinde tragen. Darüber muss der Gemeinderat entscheiden. Wie Bürgermeister Josef Steigenberger jedoch betonte, seien die Kosten ein vergleichsweise geringer Betrag, gemessen an den Investitionen in siebenstelliger Höhe, die für den notwendigen Ausbau der Schule vorgesehen sind.

© SZ vom 01.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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