Stammstrecken-Sperrung: Bilanz:In 60 Minuten von Pasing zum Ostbahnhof

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Von Freitagabend bis Dienstagfrüh ist die S-Bahn-Stammstrecke dicht. Chaos? Fehlanzeige. Die Fahrgäste bleiben überraschend gelassen - obwohl eine Busfahrt von Pasing zum Ostbahnhof statt 20 Minuten eine Stunde dauert.

Silke Lode

Zumindest die angestammten Fahrgästen der Münchner S-Bahn waren von den Folgen der Stammstreckensperrung über das gesamte Pfingstwochenende eher positiv überrascht als genervt. "Immerhin wussten wir schon seit Tagen Bescheid, und es gibt vernünftige Ansagen im Zug", berichtet Jacob Schwarzmüller, der am Freitagabend am Ostbahnhof aus einer der ersten S-Bahnen stieg, die nicht mehr in den Tunnel fahren durfte.

"Immerhin wussten wir schon seit Tagen Bescheid, und es gibt vernünftige Ansagen im Zug", berichtet ein Fahrgast. Der Ostbahnhof war für ihn und viele andere an Pfingsten ein provisorischer Umsteigebahnhof. (Foto: Stephan Rumpf)

Auch eine Frau, die täglich von Unterföhring nach Olching pendelt, nimmt die Sperrung genau aus diesem Grund gelassen: "Schlimm sind die vielen Störungen, die unerwartet kommen", meint sie und erzählt, dass sie schon bis zu drei Stunden für ihren täglichen Weg quer durch die Stadt gebraucht hat. "Wenn ich aber schon am Morgen erfahre: Achtung, am Abend ist die Stammstrecke dicht, dann kann ich entsprechend planen."

Als am Freitag gegen 19.45Uhr die letzte S7 Richtung Wolfratshausen in die S-Bahn-Röhre fuhr, waren die Bahnsteige am Ostbahnhof längst verwaist. Schon in der Unterführung fingen die Koordinatoren der Bahn in Leuchtwesten die Fahrgäste ab, die von der Sperrung nichts mitbekommen hatten und gaben ihnen Tipps, wie sie am schnellsten ihr Ziel erreichen würden. Bis Dienstagfrüh um 4.15 Uhr sollte die Stammstrecke zwischen Pasing und Ostbahnhof laut Plan gesperrt bleiben, zahlreiche Bauarbeiten hatten sich angestaut. Drei Weichen mussten erneuert werden, zudem haben die Tunnelstationen Isartor und Rosenheimer Platz neue Brandschutzanlagen bekommen. Am Stachus wurde ein Aufzug eingebaut und zwischen der Donnersbergerbrücke und Pasing 1000 Meter Schienen ausgewechselt.

Zum Bahnsteig eins am Ostbahnhof hatten sich nur noch einige feierwütige Jugendliche verirrt. "Mal sehen, wie das ist, wenn keine S-Bahn fährt", erklärte das Grüppchen seine Mission lautstark. Übersehen hatten die Jugendlichen allerdings, dass zumindest am Gleis sechs sehr wohl S-Bahnen fuhren - wenn auch nur alle 20 Minuten. Die Flughafen-LinieS8 übersprang zwar sämtliche Innenstadt-Bahnhöfe, fuhr aber über den Südring direkt in einer guten Viertelstunde vom Ostbahnhof nach Pasing.

Ärger über die Sperrung? Von wegen, auch die Linke sah darin einen Grund zum Feiern und begrüßte den Fahrer der ersten Südring-Bahn mit Fahnen, Reggaemusik und Blumen. "Der Südring wird heute eingeweiht", frohlockten die Linken, die statt eines zweiten Tunnels die Ertüchtigung der Strecke über den Heimeranplatz sowie den Ausbau der U5 bis Pasing fordern.

Während die Fahrgäste am Ostbahnhof auch auf die U-Bahn umsteigen konnten, wurden in Pasing schnell die Lücken deutlich, die eine Sperrung der Stammstrecke reißt. Zwar musste niemand lange auf einen Ersatzbus warten, doch die Fahrt bis zum Ostbahnhof dauert fast eine Stunde statt der üblichen 20 Minuten. Einige kleinere Probleme gab es dann doch: "Dass die Stammstrecke gesperrt ist, weiß ich seit einer Woche", erzählt eine junge Frau. "Aber die Ersatzhaltestelle habe ich trotzdem eine Viertelstunde nicht gefunden", schimpft sie.

Auf einem Flugblatt der Bahn sei sie noch südlich des Pasinger Bahnhofs eingezeichnet gewesen - eingerichtet wurde der Haltepunkt aber im Norden. Dann schlängelt der Bus sich durch die Pasinger Baustellen, der Weg bis Laim will nicht enden. Die Fahrgäste diskutieren, ob wohl die U-Bahn ab Laim schneller in der Innenstadt ist - und wo überhaupt hält der Bus in Laim? Das ist auch die Hauptkritik des Fahrgastverbands: "Das Wegeleitsystem zu den Haltestellen muss optimiert werden", gibt der Verband der Bahn für die Zukunft mit, attestiert aber auch, dass es kein Chaos gab.

Eng wurde es nur am Samstag am Viktualienmarkt, als eine angemeldete Demo die Ersatzstrecke blockierte. "Ansonsten", erklärt ein Bahnsprecher, "lief alles nach Plan".

© SZ vom 14.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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