Städtische IT:Abgestürzt

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Die Probleme bei der städtischen IT sind nicht nur technischer Natur

Angesichts der gravierenden Defizite in der Computerausstattung der Stadtverwaltung fordern Politiker Konsequenzen. "Es muss sich etwas ändern in dieser Stadt", forderte der CSU-Computerexperte Otto Seidl. Nach seiner Einschätzung krankt die Datenverarbeitung weniger an der Technik, sondern vielmehr an den Strukturen der Verwaltung, deren Abteilungen laut einer externen Untersuchung oft nicht miteinander, sondern gegeneinander agieren.

Grünen-Fraktionschef Florian Roth forderte, die bestehende Struktur zu überdenken - mit einem für alle zuständigen Dienstleister (IT@M), einer Strategieabteilung sowie referatsinternen IT-Abteilungen. Künftig müsse es einen zentralen IT-Chef geben, sagte Roth. "Einer muss den Hut aufhaben."

Oberbürgermeister Dieter Reiter, der den von der SZ veröffentlichten internen Bericht am Mittwoch kurzfristig auf die Tagesordnung des IT-Ausschusses gesetzt hatte, kündigte eine intensive Diskussion an. Es gelte Entscheidungen zu treffen, "die für Jahre, wenn nicht Jahrzehnte standhalten sollen". Der SPD-Politiker räumte ein, die in weiten Teilen kritische Analyse der externen Experten "nicht ganz mit Überraschung" zur Kenntnis genommen zu haben.

Nun gehe es darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Der Zwischenbericht der Berater solle am 6. April offiziell an die Stadträte verteilt werden. Dass er nun schon am Mittwoch vom Consultingunternehmen Accenture im Sitzungssaal des Rathauses vorgetragen wurde, diene dem Erkenntnisgewinn derer, "die nicht diese eine Zeitung lesen".

Laut dem Bericht hapert es unter anderem an einer koordinierten Führungsstruktur in der Verwaltung sowie an der Organisation. Manchmal würden IT-Themen parallel in mehreren Abteilungen bearbeitet, was interne Konkurrenz nach sich ziehe sowie Neid und Missgunst entstehen lasse. Dazu komme, dass die Technologie teilweise noch aus dem vergangenen Jahrtausend stamme.

Mit hohen Investitionen müsse man den Modernisierungsstau in den Computersystemen beseitigen. Ein Accenture-Vertreter räumte ein, bei der sogenannten "Reifegradbewertung", mit der Accenture die Fähigkeiten der städtischen IT benotet, "extrem hart" gewesen zu sein. In dem standardisierten Test hatte die Stadt München lediglich die erste von fünf Stufen erreicht ("Grundlagen"). Bei dieser Einschätzung sei man allerdings noch nicht auf die speziellen Bedürfnisse einer Stadtverwaltung eingegangen.

Der städtische IT-Beauftragte Robert Kotulek hält die Grundstruktur der städtischen Computertechnik trotz der Kritik für richtig. Zwischen 2010 und 2015 sei die gesamte Organisation auf neue Beine gestellt worden. Der nun vorgelegte Zwischenbericht sei nicht immer nah an den Fakten, lege "aber die Finger in die richtigen Wunden". Die mangelnde Akzeptanz des neuen Systems sei auf einen Kulturbruch zurückzuführen. Für viele Mitarbeiter habe sich mit dem zentralen Dienstleister, der neu aufgebaut wurde, sehr viel verändert. Auch die externen Gutachter befürworten im Übrigen die neue Organisation. Nur bei der Umsetzung sehen sie massive und dauerhafte Probleme.

© SZ vom 10.03.2016 / dh, heff - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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