Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme:Mitreden ja, mitentscheiden nein

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Beim geplanten Neubauviertel im Nordosten will die Stadt mit Kritikern sprechen. Deren Argumente hält sie für falsch

Von Dominik Hutter

Im Streit über das neue Groß-Quartier im Nordosten hat Stadtbaurätin Elisabeth Merk die kritischen Initiativen ausdrücklich eingeladen, sich am weiteren Planungsprozess zu beteiligen. Dies könne bei vielen anstehenden Veranstaltungen und bei Workshops geschehen. Verbindliche Mitwirkungsrechte, wie vom Bündnis München Nord-Ost eingefordert, lehnt sie ab. Die Interessen der Anwohnerinitiative bildeten "nicht immer die Bandbreite der Meinungen in der Bevölkerung" und auch nicht die der Gesamtstadt ab. Im anstehenden Architektenwettbewerb werde diese Aufgabe durch gewählte und somit breit legitimierte Politiker übernommen.

Mit deutlichen Worten wies Merk den Vorwurf des Bündnisses zurück, durch die geplante Bebauung im Nordosten würden alteingesessene Münchner verdrängt. So etwas passiere nirgendwo in der Stadt. Die einzige Verdrängung, die es gebe, werde durch nicht mehr bezahlbare Mieten ausgelöst, die Bewohner aus ihrem angestammten Viertel vertrieben - und dem sei nur durch verstärkten Wohnungsbau zu begegnen. Dies werde durch Planungen wie die im Nordosten angestrebt. München sei eine "weltoffene Stadt, die davon lebt, dass fortlaufend neue Impulse durch neue Bewohner zur Weltstadt mit Herz beitragen", so die städtische Planungs-Chefin.

Merk reagiert mit ihren Aussagen auf einen offenen Brief des Bündnisses, das an diesem Donnerstag eine Podiumsdiskussion in der Neuen Theaterfabrik veranstaltet. Bei dieser Veranstaltung, die von Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) als einseitig kritisiert wird, sind eine Teilnahme der Stadtbaurätin an der Podiumsdiskussion oder aber ein Fachvortrag ausdrücklich unerwünscht. Merk, die erklärtermaßen "sehr gerne" auf die Fragestellung der Bündnis-Aktivisten eingegangen wäre, hat daher schriftlich auf die Fragen und Vorwürfe reagiert.

Unbegründet ist nach Einschätzung Merks die "Sorge" der Aktivisten, die Realisierung der sogenannten Städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme (SEM) im Münchner Nordosten dauere zu lange, um den gesetzlichen Vorgaben zu genügen. Nach Auskunft des Planungsreferats hängt die zulässige Dauer von Größe und Komplexität des Projektes ab - die Rechtsprechung habe daher auch schon 23 Jahre zwischen Einleitung einer SEM (was in München noch gar nicht offiziell geschehen ist) und dem Einzug der Bewohner akzeptiert. Die Stadt sei jedenfalls "grundsätzlich in der Lage, auch eine großräumige Maßnahme im Sinne des Gesetzes durchzuführen".

Für zweifelhaft hält Merk auch die Behauptung, der von der Stadtspitze bereits verkündete Verzicht auf Enteignungen konterkariere das gesamte Prinzip SEM, die damit nichtig wäre. Diese Einschätzung hatte ein Bayreuther Professor im Auftrag der Anti-SEM-Initiative Heimatboden per Kurzgutachten geäußert. Laut Stadt seien "mildere Mittel" aber durchaus erlaubt, zumal auch die SEM Enteignungen als ultima ratio einstufe. Es müsse lediglich absehbar sein, dass der Bau des neuen Viertels zügig abgewickelt werden kann. Wenn dies auch ohne Enteignungen möglich sei - was die Stadt ja ausdrücklich anstrebt - gebe es nichts, was gegen die Rechtmäßigkeit der SEM spricht.

© SZ vom 21.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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