Stadtrat:Eine Wahl, zwei Überraschungen

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Der neue Wirtschaftsreferent kommt von der CSU - und gibt sich sozialdemokratisch

Von "Heiner Effern

Als sich der neue Wirtschaftsreferent vor seiner Wahl im Stadtrat kurz vorstellt, beginnt er bemerkenswert sozialdemokratisch. Der "Zusammenhalt in der Gesellschaft" sei ihm wichtig, sagt er. "Dafür trete ich ein." Dazu gehöre für ihn auch die Integration von Flüchtlingen. "Wir sollten die Migration nutzen, um Arbeitskräfte zu gewinnen." Bemerkenswert ist das insofern, als Clemens Baumgärtner, 42, gar kein Sozialdemokrat ist, sondern als Mitglied der CSU seit 22 Jahren im Bezirksausschuss sitzt. Und auch eine zweite Überraschung gelingt ihm: Er verliert vor der Vollversammlung kein Wort über seine künftige Rolle als Wiesnchef. Geschadet hat ihm der überraschende Einstieg nicht: Baumgärtner erhält 54 von 80 Stimmen. Das sind fünf mehr als das Regierungsbündnis aus CSU und SPD zusammenbringt.

Als der Wirtschaftsanwalt, der sich vom 1. März an ausschließlich auf seinen neuen Posten konzentrieren wird, ein paar Minuten später die Krawatte und die Anspannung abgelegt hat, zeigt er sich erleichtert, dass alles glatt gelaufen ist. "Das weiß man bei einer Wahl nie, auch wenn alle vorher sagen, dass die Mehrheit sicher ist." Ein Unbekannter ist Baumgärtner auch für die anderen Fraktionen im Stadtrat nicht mehr, er hat sie im Vorfeld besucht und sich vorgestellt. Das ist unüblich, war dem neuen Wirtschaftsreferenten aber wichtig. "Man lernt sich kennen und bekommt auch gleich ein Feedback."

Die politischen Akzente, die er zu setzen gedenkt, wird er auch dort schon vorgestellt haben. Kurz nach der Wahl erläuterte er, dass sich München nicht auf seiner aktuellen Wirtschaftskraft ausruhen dürfe. Die Konzerne würden nicht ewig und von alleine gute Zahlen schreiben. Es gelte daher, erfolgreiche Firmen zu pflegen, aber auch für die richtige Mischung in der Wirtschaft zu sorgen, mit einem Fokus auf den Mittelstand. "Das erhält Jobs auch in schwierigen Zeiten."

Zu den Zukunftsbranchen, bei denen München vorne dabei sein solle, zählt Baumgärtner alles, was mit Digitalisierung zu tun hat, insbesondere auch die Künstliche Intelligenz. Kooperationen mit den Universitäten würde er dafür gerne intensivieren. Die richtige Mischung will er zudem auch bei der Vergabe der Gewerbeflächen berücksichtigen, die er kreativ, effizient und auch gepaart mit mehr Wohnraum nützen will. "Als Idee könnte ich mir zum Beispiel vorstellen, das am Euro-Industriepark mal zu versuchen."

Auf Nachfrage erklärt er dann auch, wie er die Zukunft des Oktoberfests sieht: Als Volksfest mit Besuchern, die nicht nur im Bierzelt sitzen und trinken, sondern beim Bummeln auch Mandeln essen oder beim Schichtl vorbeischauen. "Keine reine Kommerzveranstaltung" will er auf der Wiesn haben. "Die Familiennachmittage sind da ein guter Anfang.

© SZ vom 20.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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