Stadt erleben:Das römische Rom

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Die Eisdiele Giolitti beim Parlament gehört zu den besten der Stadt. (Foto: Mauritius)

Auch abseits der klassischen Sehenswürdigkeiten hat die Stadt viel zu bieten - Tipps vom SZ-Korrespondenten für das beste Eis oder die schönste Aussicht

Von Oliver Meiler, Rom

Es gibt ja Leute, die behaupten, Rom sei ein großes Freilichtmuseum, und man kann ihnen schlecht widersprechen. Was da nicht alles zusammenkommt an Sehenswertem, an Palazzi und Piazze, an tollen Brunnen und Kirchen. Und das Beste daran: Das meiste besucht man kostenlos. Das Vermächtnis aus ferner Vergangenheit, es liegt einfach herum, als Kulisse. Es gibt auch Leute, die Rom deshalb ein Disneyland der Antike nennen, überlaufen und erschöpft vom Massentourismus.

Das ist zwar ein bisschen wahr, man vergisst aber gern, dass es auch ein römisches Rom gibt, und das sollte man erkunden: die Stadt der Römer, ihre kleinen und nicht selten kulinarischen Alltagsfreuden. Rom ist nie schöner als an einem Sommerabend, wenn das Licht der Sonne langsam von weiß auf rot stellt, bevor es ganz ausgeht. Wie mit dem Dimmer. Wenn man den ganzen Tag über das unbedingt Staunenswerte bestaunt hat, sollte man erst zu dieser schönen Stunde wieder raus, zum Beispiel runter an die rechte Uferseite am zentralen Stück des Tibers.

Estate Romana heißt ein Sommerfestival mit Bars und kleinen Restaurants, mit Street Food unter weißen Zeltdächern, mit Ständen von Künstlern und Handwerkern. Es findet nun schon seit etlichen Jahren statt. Auf der Isola Tiberina, der Tiberinsel, führen sie in einem Freiluftkino Filme vor. Der Fluss rauscht und zischt laut aus der Tiefe, doch das stört niemanden, das Getöse gehört dazu.

Die Jugend trifft sich ganz in der Nähe, an der Piazza Trilussa, einem Platz im Ausgehviertel Trastevere, der sich in der Nacht mit dem Sound der Straßenmusiker füllt. Die Getränke kaufen sich die Jugendlichen in den "Mini-Markets", die es mittlerweile überall in der Stadt gibt und die ausschließlich von Männern aus Bangladesch geführt werden. Dort ist es billiger als in den Bars. Über den Ponte Sisto, eine Fußgängerbrücke, kommt man schnell zum Campo de' Fiori, der anderen Piazza der Nacht. Beim Brunnen stehen die zusammengeklappten, treppenförmigen Auslagen der Blumenstände, die sich am Abend zur Tribüne verwandeln. Wer da einen Platz findet, der gibt ihn so schnell nicht mehr her.

Gleich dahinter übrigens, in der alten Bäckerei, dem "Forno", gibt es tagsüber die vielleicht beste "Pizza rossa" (nur mit Tomatensauce und Olivenöl) und "Pizza bianca" (die römische Focaccia) der Stadt. Fastfood, aber mit Stil, ständig frisch, meist noch warm und recht billig dazu. Man kauft sie in dünnen, quadratisch geschnittenen Stücken: "Un pezzo di rossa" ist ein Stück rote Pizza, in braunes Papier gewickelt. Die Römer finden, ihre Pizza gehe immer, zum Frühstück, als Mittagssnack, zum Aperitivo. Was auch immer geht, sind "Supplì", frittierte Reisbällchen. Natürlich gibt es auch in Rom eine Menge Gelaterie, einige sind auch wirklich gut: Giolitti zum Beispiel, die Eisdiele beim Parlament, ist eine der besten. Doch noch römischer als eine Gelateria ist eine Grattachecca. So nennt man Kioske, in denen sie von einem großen Eisklumpen so viel kalte Wonne kratzen, bis ein Plastikbecher voll ist. Wie Granita, nur rudimentärer. Auf das geraffelte Eis kommt dann Sirup, jeder Kiosk hat da seine Spezialitäten. Brain-Freeze-Risiko: ziemlich hoch.

Das beste Tiramisù gibt es bei Pompi, immer noch, obschon der Laden mittlerweile eine Kette ist und in jedem Reiseführer steht - offenbar vor allem in japanischen. Mit den Japanern steht man dann auch in der Warteschlange. Lohnt sich aber. Für 3,50 Euro gibt es eine Monoportion. Großartig und so cremig, dass man dem Dessert auch dann verfällt, wenn man keinen Kaffee mag. Wobei: Caffè mögen - das kann man in Rom auch ganz einfach lernen, gerade als Teenager. In vielen Bars steht auf der Theke eine Schale mit einer zähen, hellbraunen Masse, der "Cremina", einem aufgeschäumten Mix aus Zucker und Kaffee. Sie nimmt dem Espresso die Bitterkeit, sie rundet ihn.

Rom ist eine grüne Stadt, voller Parks und Gärten. Nicht alle sind gepflegt, die Villa Borghese aber ist eine feine Naherholungszone in der Stadt. Da kann man Fahrräder für vier oder sechs Personen mieten, alles erkunden, den See mit den Bötchen, die Pferdelaufbahn auf der Piazza di Siena. Irgendwann landet dann jeder beim Pincio, so etwas wie die Terrasse der Stadt. Von dort hat man einen tollen Blick auf Rom, das da in der trockenen Hitze liegt. Noch toller ist allerdings die Aussicht von ganz oben auf dem Vittoriano, dem massiven und zuckerweißen Monument an der Piazza Venezia, zu dem die Römer "Schreibmaschine" sagen, weil es genauso aussieht. Man kommt mit dem Lift rauf, der ist allerdings etwas versteckt. Für Zehn- bis 18-Jährige kostet die Fahrt 3,50 Euro. Eine kleine Investition ist das, so teuer wie ein Tiramisù von Pompi. Der Gewinn aber, der hält ewig an.

© SZ vom 24.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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