Sportliche Leidenschaft:Der Kümmerer

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Richard Ostermeir (Mitte) beim Spiel der Brucker Drittligamannschaft. (Foto: Günther Reger)

Richard Ostermeir hat sich in 40 Jahren als Teambetreuer bei Fürstenfeldbrucks Handballern unentbehrlich gemacht. Er kümmert sich sogar um dreckige Trikots und Handtücher. Für viele ist er der wichtigste Mann im Verein.

Von Heike A. Batzer

Vieles im Leben von Richard Ostermeir ließe sich in Statistiken pressen. Wie viele Handballspiele er angeschaut hat in 40 Jahren, wie viele Handballer er hat vorüberziehen sehen in diesen 40 Jahren, wie viele Autobahnkilometer quer durch Bayern und Süddeutschland er hinter sich gebracht hat in diesen 40 Jahren? Vielleicht auch, wie viele Ladungen Trikots die heimische Waschmaschine gereinigt hat? Natürlich hat er all das nicht gezählt, geschweige denn aufgeschrieben im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte, in denen er ganz einfach nur der Teambetreuer der Fürstenfeldbrucker Handballer war und ist. Ein Ehrenamt, das nicht entlohnt wird. Eines, das nicht zu denen in vorderster Reihe zählt. Eines, das keine großen Reden verlangt. Eines, das sich vor allem um die kleinen Details kümmert und deshalb so besonders wichtig ist.

Jeder in der Handballabteilung des TuS Fürstenfeldbruck kennt den "Richie", wie ihn alle nennen. Jeder mag ihn. "Ich kenne niemanden, der mit ihm Probleme hat", sagt Martin Wild, der Trainer der Drittligamannschaft, und verteilt gleich ein dickes Lob: "Er ist der wichtigste Mann im Verein und beste Betreuer der Welt." Wild, 38, ist vor zwanzig Jahren zum TuS Fürstenfeldbruck gekommen, seither profitiert er von Ostermeirs Diensten. Ostermeir ist bei jedem Heimspiel, bei jedem Auswärtsspiel, in jedem Trainingslager dabei. Er versorgt die sich verausgabenden Sportler mit einer speziellen Wasser-Brause-Mixtur, mittlerweile auch bei jedem Training. "Das mit dem Training habe ich leider mal angefangen," sagt er und grinst, "seitdem verlassen sich die Spieler darauf." Er nimmt die Trikots und Handtücher nach den Spielen mit nach Hause, dort kümmert sich Ehefrau Ingrid um die Wäsche. Der ganze Balkon in der Mietwohnung in Landsberied hängt voller Sportkleidung, die dort trocknen soll. Nein, sagt Ingrid Ostermeir, einen Wäschetrockner besäßen sie nicht. Früher, als die Trikots noch aus Baumwolle waren, hat sie das klebrige Harz, das sich die Handballer an die Hände schmieren und das danach immer auch an der Sportkleidung pappt, noch mit Margarine entfernt, doch das funktioniere mit den modernen Textilien nicht mehr. Zu jeder Auswärtsfahrt bringen die Ostermeirs der Mannschaft außerdem Kaffee und den beliebten, selbst gemachten Marmor-Kirsch-Kuchen mit. In der Halle kümmert sich Richard Ostermeir darum, dass die Spielerliste beim Kampfgericht vorliegt und dass die Trikotfarbe mit dem Gegner abgestimmt ist. Während der Woche ist er der letzte, der aus der Halle geht: Er muss sie zusperren.

Es ist ein Ganzjahresjob, den Ostermeir da ausfüllt. Eine Saison wie die jetzt zu Ende gehende in der dritthöchsten deutschen Liga hat auch für den Betreuer 30 Spieltage. Denn er ist ja immer dabei. Hat unzählige Trainer und noch mehr Spieler kommen und gehen sehen, auch Väter und deren Söhne. Karl-Heinz Schulz zum Beispiel, den ehemaligen Nationalspieler, der in Fürstenfeldbruck Spieler und dann Trainer war. Oder Lars-Henrik Walther und Ingo Strauß, Handballer aus dem eigenen Nachwuchs, die es bis in die Bundesliga schafften. Besonders imponierten ihm die Trainer Peter Feddern, der die Handballer von 1987 bis 1993 von der Landesliga bis in die zweite Bundesliga geführt hatte, und Martin Wild, der seit 2010 das Kommando inne hat und die Mannschaft nun im dritten Jahr in Folge in der dritten Liga hält. Die beiden hätten ein ähnliches Konzept, hat Ostermeir beobachtet: "Die loben, hauen aber auch mal dazwischen."

Als die Töchter bei den Fürstenfeldbrucker Faschingsfreunden zu tanzen begannen, fing er an, sich auch dort zu engagieren und kümmert sich seither um die Technik, aber Handball steht für ihn an erster Stelle. "Es ist mein Hobby. Ich mach's ja gerne." Ans Aufhören denkt er nicht, worüber alle froh im Verein sind. Auch die übrige Familie hilft mit. Tochter Carola, 32, ist noch immer dabei, Tochter Ines, 36, ein bisschen seltener, seit sie in die Nähe von Heidenheim gezogen ist. Man sieht sich regelmäßig, denn seit acht Monaten haben die Ostermeirs auch eine Enkeltochter.

Der heute 64-Jährige, der bei der Standortverwaltung am Brucker Fliegerhorst in der Fernsprech- und Fernschreibzentrale im Schichtdienst gearbeitet und nur wenige Jahre selbst Handball gespielt hatte, hat viel erlebt rund um den Sport, kuriose Ereignisse eingeschlossen. Den Ex-Nationalspieler Schulz hat er einmal versehentlich in der Umkleidekabine eingesperrt. Es fiel erst auf, als das Spiel bereits begonnen hatte und Schulz fehlte. Dass der eine oder andere auf Auswärtsfahrt auf einem Parkplatz vergessen wurde, kam vor, obwohl Ostermeir "eigentlich immer schaut, ob alle da sind". Auf ihn hatte dann damals niemand geschaut, als er von der Toilettenpause zurückkehrte und der Bus ohne ihn abgefahren war. Natürlich ging die Geschichte gut aus, der Bus machte kehrt und sammelte ihn ein. Den "Ritchie" würden Fürstenfeldbrucks Handballer niemals irgendwo zurück lassen.

© SZ vom 06.05.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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