Volleyball:Solider Luxus

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"Es war ein bisschen Druck da": Herrschings Trainer Max Hauser freut sich über den Sieg gegen Giesen. (Foto: Oryk Haist/imago images)

Der TSV Herrsching bezwingt Giesen deutlich mit 3:0 Sätzen und hat vor dem letzten Vorrundenspiel für die Playoffs mindestens Platz fünf sicher.

Von Katrin Freiburghaus, Herrsching

Es kommt ja vor, dass Profi-Sportler aus Gründen der Leistungsdiagnostik allerlei Messgeräte am Körper tragen. Die analysieren Puls, Blutdruck, Aktivität und jede Menge andere Werte, die Auskunft über den Grad der körperlichen Beanspruchung geben. Eine solche Datensammlung wäre am vergangenen Samstag beim 3:0 (27:25, 25:21, 30:28) der WWK Volleys Herrsching gegen Giesen überaus spannend gewesen - allerdings nicht von den Spielern, sondern von ihrem Trainer Max Hauser. Denn der 37-Jährige wirkte an der Seitenlinie zwar meist äußerlich ruhig, jubelte aber nach jedem geglückten Ballwechsel seines Teams mit einer Intensität, als hätte er die gesamte Zeitspanne dazwischen in einer Art Ganzkörperanspannung verbracht. "Es war ein bisschen Druck da", räumte er ein, und untertrieb damit wohl ein wenig.

Im vorletzten Spiel der Bundesliga-Hauptrunde war Herrsching gegen den Tabellen-Neunten als Vierter nicht nur Favorit gewesen. Aufgrund der glatten Niederlage in Düren in der vergangenen Woche entschied die Partie gegen Giesen auch darüber, ob das ambitionierte Saisonziel, ins Finale um die deutsche Meisterschaft einzuziehen, realistisch bleibt oder nicht. Eine gute Chance, das Playoff-Viertelfinale zu überstehen, besteht angesichts der Lücke zwischen dem Spitzentrio Friedrichshafen, Düren, Berlin und dem Rest der Liga im Grunde erst ab dem fünften Tabellenplatz. Der vierte gewährt im Fall eines Entscheidungsspiels in den Playoffs zusätzlich ein zweites Mal Heimrecht. Herrsching hatte Platz vier von Anfang an im Visier; auch, weil das Team die abgebrochene Vorsaison als Fünfter abgeschlossen hatte und eine Verbesserung anstrebte.

"Man kann jetzt schon sagen, dass es eine gute Saison war", zieht Kapitän Johannes Tille ein vorzeitiges Fazit

Dieser Anspruch schien Herrsching gegen Giesen eher zu beflügeln als zu hemmen: Die Spieler schlugen mit hohem Risiko auf und wirkten - anders als in vergleichbaren Drucksituationen wie dem verlorenen Pokal-Halbfinale - nicht wie ein Team, das Angst vor der Niederlage, sondern wie eines, das Spaß am Gewinnen hat. Durch den klaren Erfolg gegen Giesen ist Platz fünf nun vorzeitig gesichert. Zwar hat der Sechste Frankfurt noch ein Spiel mehr, aber auch sieben Punkte Rückstand auf Herrsching. "Man kann jetzt schon sagen, dass es eine gute Saison war", resümierte Zuspieler und Kapitän Johannes Tille. Das Auswärtsspiel in Berlin am kommenden Samstag wird Hauser deshalb auch innerlich ruhiger verbringen können. "Wir trainieren ab jetzt für die Playoffs", sagte er. Es gehe darum, "das Beste aus dem Spiel rauszuholen". Womöglich werden das keine Punkte sein, denn die nannte Hauser "eher unwahrscheinlich". Tille betonte jedoch, dass das keinesfalls bedeute, die Partie nicht ernst zu nehmen: "Sie hat für uns einen hohen Stellenwert, es gibt keine bessere Playoff-Vorbereitung, als gegen Berlin zu spielen."

Anders als in der Vorsaison, als sich das Team mangels Alternativen meist selbst aufgestellt hatte, gibt es in diesem Winter ja auch tatsächlich die Möglichkeit, Varianten auszuprobieren. Seit Außenangreifer David Wieczorek seine Bauchmuskelprobleme auskuriert und einige Partien vollständig absolviert hat, hat Herrsching "drei Außenangreifer, die spielen können", wie es Tille formuliert. Hinzu kommen in Jalen Penrose und Jonas Kaminski zwei Optionen für die Diagonalposition. "Das macht uns als Team flexibler und es für mich einfacher", sagte Tille.

Neuer Luxus: Herrsching hat angesichts eines vollen und gesunden Kaders viele Optionen

Diese allgemeine Einschätzung besaß auch für die nervenaufreibenden 82 Minuten gegen Giesen Gültigkeit. Denn Herrsching hat momentan nicht nur den Luxus, gleichwertig wechseln zu können, Tille kann seine Entscheidungen auf dem Feld zudem von der Position des gegnerischen Blocks abhängig machen, statt auf die Verfassung seiner Mitspieler achten zu müssen. "Unsere Idee ist es ja, schnell zu spielen", sagte Hauser, "aber das hat natürlich nur Sinn, wenn man nicht immer auf denselben schnell spielt." Am Samstag ging das auf: Penrose und die beiden Außenangreifer Wieczorek und Jori Mantha punkteten allesamt deutlich zweistellig.

Mantha war mit insgesamt 18 Punkten am erfolgreichsten, ein Sonderlob bekam aber Wieczorek, der in der vergangenen Saison seine erste Auslandsstation in Giesen absolviert hatte und dort nicht glücklich geworden war. Der US-Amerikaner schlug stark auf, nahm stark an und machte kaum Fehler. "Wir sind im Angriff eine der ausgeglichensten Mannschaften, weil wir keinen Überspieler haben, sondern viele solide Angreifer", sagte Hauser. In der Entwicklung des Klubs ist das ein großer Schritt. Im besten Fall führt er bis ins Halbfinale.

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