Volleyball:Raus aus der Randlage

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Kempfenhausens Volleyballer ziehen 2016 wohl nach München - als deutscher Talente-Leuchtturm

Von Sebastian Winter, Berg

Es wirkt immer noch wie ein kleines Paradies, das Gymnasium Landschulheim Kempfenhausen in Berg, ein paar Schritte entfernt vom herausragend schönen Nordost-Ufer des Starnberger Sees. Surfbretter liegen bereit, die Schüler springen nach Unterrichtsschluss an warmen Sommertagen in den See oder grillen am Ufer. Lagerfeuerromantik.

Peter Meyndt kennt auch die Schattenseiten des Geländes, auf dem Mitte des 19. Jahrhunderts schon Richard Wagner auf Einladung von König Ludwig II. einen Sommer lang residierte, das aber längst ein Ganztages-Gymnasium mit angeschlossenem Internat ist - und seit 14 Jahren auch die besten bayerischen Volleyball-Junioren beherbergt: Die alte, viel zu kleine Halle, von deren zu flacher Decke hohe Annahmen oder Abwehrbälle zurückprallen. Der Kraftraum, der modernsten Trainingsansprüchen nicht genügt. Die Zimmer, in denen die Talente teilweise zu dritt und mitunter in Stockbetten schlafen. In den Ferien hat zudem die Kantine geschlossen, was für junge Sportler, die täglich trainieren, schwierig ist. Meyndt, Landestrainer des Bayerischen Volleyball-Verbandes (BVV) und auch für den Bundesstützpunkt Kempfenhausen verantwortlich, sagt: "Das war eine fruchtbare Zusammenarbeit." War, weil im Herbst 2016 ihr Ende eingeläutet wird.

Von Herbst 2016 an sollen die Internats-Volleyballer in Milbertshofen an der Knorrstraße ausgebildet werden, wo gerade das neue Gymnasium samt Eliteschule des Sports und Internat gebaut wird, der Nachfolger des Isar-Sportgymnasiums, das dann seinen Status verliert. Junge Athleten werden auf dem neuen Gelände dann zusammengezogen, einen Platz sollen auch die Volleyballer bekommen. Der Umzug ist ein Meilenstein für die Talente, die dann VC Olympia München heißen und nicht mehr VC Olympia Kempfenhausen. Denn ihre neue Heimat wird modernsten Trainingsansprüchen gerecht. Im Haus des Sports, wo sie wohnen, soll es Einzel- und Doppelzimmer geben, zudem zwei U-Bahn-Stationen entfernt das Gymnasium mit Dreifach-Sporthalle, neuem Kraftraum und Beachvolleyball-Plätzen. Der Olympiastützpunkt ist auch nicht weit entfernt. "Wir wollen das Optimum herausholen", sagt Meyndt, der nur vor einer Sache Respekt hat: "Die Talente sind dann nicht mehr so isoliert, die Großstadt-Versuchungen sind größer."

Kempfenhausens Junioren, deren zwei Mannschaften zurzeit in der dritten Liga und in der Bayernliga außer Konkurrenz spielen, um Erfahrung im Ligabetrieb zu sammeln, sind in einer mehrfachen Übergangsphase. Während sich der Wechsel vom See-Idyll in die Großstadt abzeichnet, mussten die Verantwortlichen für das Drittliga-Team eine weitreichende Entscheidung treffen: Weil der aktuelle Jahrgang 1997/98 zu schwach ist - in 16 Spielen glückte dem Team ein einziger Sieg, was sich am Sonntag gegen den Zweiten Neumarkt wohl auch nicht ändert - verzichtet der VCO kommende Saison auf das ihm turnusgemäß zustehende Zweitliga-Spielrecht. Die Mannschaft versucht sich ein weiteres Jahr in der dritten Liga. Außerdem bleiben die älteren Jahrgänge 1997 bis 2000 am See - bis auch der letzte Nachwuchs-Volleyballer dort sein Abitur gemacht hat. "2018 ist Kempfenhausen für uns ganz beendet", sagt Meyndt, was von der Schulleitung sehr bedauert wird.

Wenn alles perfekt läuft, werden Talente vom Jahrgang 2001 an in das Haus des Sports ziehen. Und, das wäre ein weiterer Meilenstein: Auch die Mädchen sollen in Milbertshofen ausgebildet werden. Zurzeit gibt es nur einen überregionalen Stützpunkt in Vilsbiburg, doch von dort sind die Wege zum Münchner Olympia-Stützpunkt, mit dem die Volleyballer eng kooperieren, sehr weit. "Es macht Sinn, das auf kurzem Wege anzubieten", sagt Heinrich Schüppert, Vizepräsident Sport des BVV. Allerdings muss das bayerische Kultusministerium Volleyball am neuen Standort auch für Mädchen als Schwerpunktfach deklarieren. Gespräche laufen.

Die Signale aus der Verbandszentrale in Frankfurt sind jedenfalls äußerst positiv. In einer internen Mail an den BVV äußerte sich der neue DVV-Sportdirektor Ralf Iwan, der im vergangenen Herbst alle deutschen Stützpunkte besuchte, positiv über München: Iwan unterstütze das Bestreben, einen männlichen und weiblichen Bundesstützpunkt in München zu etablieren, aus sportfachlicher und struktureller Sicht absolut, heißt es darin.

Der Verband ist gerade dabei, sein Nachwuchskonzept zu reformieren und für den nächsten Olympiazyklus 2016 bis 2020 neu auszurichten. Offenbar spielt München neben dem größten Stützpunkt-Zentrum Berlin eine wichtige Rolle darin. Auch, weil sich dort etwas tut. "Die neue Sportschule, die Nähe zum Olympiastützpunkt, die Halle: Das sind alles sehr gute Standortfaktoren", sagte Iwan der SZ. Nur Berlin hat bislang einen Bundesstützpunkt männlich und weiblich. München könnte somit zum neuen Nachwuchs-Leuchtturmprojekt neben der Hauptstadt werden. "Ich glaube, dass wir ein Pendant zu Berlin werden können", sagt Meyndt.

Passend dazu läuft bei den bayerischen Mädchen seit dieser Saison ein spannendes Pilotprojekt, Talent Team Bayern heißt es. Mädchen des Jahrgangs 2000/01 spielen in der Bayernliga außer Konkurrenz, viele Talente stammen aus Lohhof, andere aus Straubing, Sonthofen, Altdorf. Das Team ist der Prototyp künftiger bayerischer Auswahlteams bei den Mädchen. Nur: Es hat zurzeit keinen festen Standort, ihre Spieltage absolvieren die Talente oft im Rahmen von Kader-Lehrgängen in Unterschleißheim oder woanders. Doch die Chancen stehen nicht schlecht, dass auch sie in Milbertshofen eine Heimat finden.

© SZ vom 21.02.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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