Interview:"Dieser Winter hat alle aufgeschreckt"

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Frank Seipp, leidgeprüfter Organisationschef des Parallelslaloms am Olympiaberg, über die plötzlichen Schneemassen

Interview von Ralf Tögel

Wie geht es Ihnen beim Blick aus dem Fenster?

Frank Seipp: (lacht) Ich genieße die Winterwelt.

Tatsächlich?

Wirklich.

Was löst das Wort Winter in Ihnen aus?

Darauf muss ich immer sehr lange warten und er kommt leider immer zu spät.

Keine Aggressionen?

Nein, im Gegenteil, es löst immer noch Freude, Hoffnung und Erwartungen aus.

Gehen Sie in diesem Winter Skifahren?

Wenn genug Schnee liegt auf jeden Fall, darauf freue ich mich jetzt schon. Ich werde mich aber noch ein, zwei Tage gedulden, bis die perfekten Bedingungen herrschen.

Trauen Sie jemals wieder einer Wetterprognose?

Oh, schwerlich, das muss ich zugeben. Nur noch einer, die die nächsten vier bis sechs Stunden vorhersagt. Aber mit allem, was über 24 Stunden hinausgeht, tue ich mich schwer.

Wie finden Sie die Idee, das komplette Olympiagelände zu überdachen?

(lacht) Würde ich nicht befürworten, nein.

Warum denn nicht, dann wären auf einen Schlag alle Probleme gelöst?

Weil es so auch spannend ist. Wir haben ja schon tolle Sachen erleben können, ohne Dach. Von daher sehe ich die positiven Dinge und nicht die, die schief gelaufen sind oder nicht so gut funktioniert haben.

Hand aufs Herz, haben Sie den Weltcup-Slalom zu früh abgesagt?

Nein, es hätte nicht funktioniert. Selbst wenn ich vor einer Woche die Prognose gehabt hätte, dass es am 27. und 28. Dezember so kalt wird, hätte es nicht gereicht.

Aber wenn man nach draußen schaut . . . Schon, aber ich hätte drei vier Tage konstant fünf, sechs Grad minus gebraucht, um überhaupt die nötige Schneemenge auf dem Berg zu produzieren. Und zwar den ganzen Tag, so kalt war es nicht einmal am Sonntag. Und dann hätte man erst noch die Strecke bauen müssen, was noch einmal mindestens 24 Stunden benötigt hätte. Das heißt, ich wäre vom Ablauf her gar nicht fertig geworden.

Sieht natürlich doof aus, alles ist zugeschneit und es ist bitterkalt.

Frank Seipp, 47, der das Weltcup-Rennen bereits zweimal federführend organisiert hat, musste in Abstimmung mit der Fis auch heuer aufgeben. (Foto: imago/Plusphoto)

Ich finde, das sieht toll aus, aber für uns ist das gar nichts. Der Naturschnee sieht im Park gut aus, für das Rennen aber ist er bedeutungslos. Wir reden über ein paar Zentimeter Schnee. Diese Temperaturen hätten vier Tage früher kommen müssen, dann hätten wir eine realistische Chance gehabt. So aber kam es einfach zu spät.

Was kann in Zukunft getan werden?

Wir wollen uns gleich nach den Feiertagen zusammensetzen. Meiner Meinung nach kann der Weg nur über eine Terminverlegung führen. Man hat es in diesem Winter gesehen, der hat ja alle aufgeschreckt und den ganzen Wettkampfkalender durcheinandergebracht. Jeder hat gesehen, hoppla es ist zu früh. Das muss man vielleicht anerkennen und sagen, das Produkt an sich ist gut, jeder will es, auch die Zuschauer, die Nachfrage an Tickets war gut. Also muss man überlegen, ob man es zu einem Zeitraum machen kann, an dem die Durchführung realistischer wird. Jetzt wäre es kalt genug, man könnte in Ruhe Schnee produzieren und wenn man Ende Januar den Termin hätte wäre man sicher. Denn man darf nicht vergessen, dass wir 70 bis 80 Prozent des Schnees am Berg produzieren müssen.

Und dann kommt ein Wärmeeinbruch und der schöne Schnee ist weg. Wie im vergangenen Jahr.

So schnell taut das am Berg nicht weg, wenn man mal genug hat. Und wir hatten eine tolle eiserne Reserve. Genau das muss das Ziel sein: Einen Termin Ende Januar, Anfang Februar, dann hat man statistisch gesehen eine wesentlich höhere Wahrscheinlichkeit, genug Schnee produzieren zu können. Oder sogar über Naturschnee noch was dazuzubekommen.

Und jetzt?

Konzentrieren wir uns auf den Sommer, das ist mindestens genauso spannend. Außerdem sitzt man da selbst am Drücker.

© SZ vom 31.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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