Eishockey:Von Knipsern und Kriegern

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Halbzeit in der Oberliga Süd: Der EHC Klostersee zieht positive Zwischenbilanz, in Erding und Bad Tölz ist man um Realismus bemüht - mehr oder weniger

Von Johannes Schnitzler

Erding Gladiators

Die Erleichterung war groß nach dem 4:1 gegen die Tölzer Löwen, dem erst dritten Heimsieg in dieser Saison. "Das hat uns Selbstvertrauen gegeben", sagte Gladiators-Trainer John Samanski. Neun Tage ist das jetzt her und klingt doch wie aus einer anderen Zeit. Wer in der Tabelle nach Erding sucht, muss sich weit nach unten orientieren: Drittletzter sind die Gladiators nach 22 von 44 Spielen, mit zwölf Punkten Rückstand auf die Playoff-Plätze. Nach den Ursachen muss man nicht ganz so lange suchen: Kontingentspieler Andrew Schembri fehlt nach seinem Innenbandriss seit fast zwei Monaten, Torjäger Daniel Krzizok hat nach langer Verletzungspause am Wochenende gerade seine ersten Spiele gemacht (und prompt ein Tor erzielt). Trotzdem verloren die Gladiators gegen Deggendorf (2:4) und Sonthofen (4:5), da halfen auch drei Tore von Topscorer Colin Mulvey nichts. Die nächsten Gegner heißen nun Peiting, Füssen, Weiden, Klostersee, Konkurrenten um Platz acht. Sie können ja nicht immer gegen Tölz spielen - gegen die Löwen hatten die Gladiators auch das erste Duell gewonnen. Sogar auswärts.

EHC Klostersee

Jeder ordentliche Indianerstamm, das weiß man, braucht einen Häuptling. Vielleicht noch zwei oder drei Unterhäuptlinge dazu, Männer, die sagen, wo es lang geht, wenn die Bleichgesichter angeritten kommen. Zu viele Chefs sind auch nicht gut, sonst verkommt jedes Pow-Wow zum Palaver. Darum braucht so ein Indianerstamm neben Häuptlingen vor allem: Indianer. Jäger, Krieger, Kerle, die die Drecksarbeit erledigen. Mit den vermeintlichen Häuptlingen haben sie in dieser Saison noch nicht das ganz große Glück gehabt beim EHC Klostersee. Der Kanadier Brance Orban war nach vier Spielen schon nicht mehr gut genug und verdient sein Geld nun in der dritten schwedischen Liga bei Kallinge-Ronneby; Orbans Ersatz, der Tscheche Tomas Kana, weiß noch nicht, ob sein Vertrag über Dezember hinaus verlängert wird, und auch der Amerikaner Jefferson Dahl (16 Spiele, sieben Tore) flößt Gegnern nicht allzu viel Furcht ein. Lediglich der nachverpflichtete Finne Miika Tuomainen, 1,91 Meter groß, 102 Kilo schwer, erfüllt die Erwartungen: "Er ist kein Knipser", sagt Trainer Andzejs Mitkevics. "Aber er ist groß und hilft der Mannschaft mit seinem Kampfgeist extrem weiter." Der EHC steht auf Playoff-Platz sieben, Mitkevics sagt: "Doch, die Bilanz ist positiv. Manchmal hätte ich mir ein bisschen mehr Glück gewünscht." So viel wie mit seinen jungen Verteidigern wie Felix Kaller und Marcel Pfänder, beide 18, oder Sebastian Sterr, 17, der noch in der Jugend spielen dürfte, zuletzt aber im ersten Block zum Einsatz kam. "Das ist schon eine Überraschung, dass sie so gut mithalten können." Und auch das Verhalten seiner Spieler in Unterzahl gibt Mitkevics Mut: "Sie werfen sich in die Schüsse, sie kennen da überhaupt keinen Schmerz." Echte Indianer eben.

Derby-Sieger: Die Duelle gegen Erding (links Sebastian Schwarz) entschied der EHC Klostersee (am Puck Jefferson Dahl) 5:4 und 7:3 für sich. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Tölzer Löwen

Sechs Niederlagen in sieben Spielen, am Sonntag nur 673 Besucher im Stadion: Kaum zu glauben, dass die Löwen Mitte November nach Punkten noch gleichauf mit Tabellenführer Regensburg lagen. Seitdem haben sie sechs Punkte geholt - Regensburg 20. "Ich will jetzt keinen auf Selbstmitleid machen", sagte Trainer Florian Funk nach dem 1:4 in Erding. "Aber im Moment haben wir nicht mehr drauf." Zahlreiche Verletzungen brachten die Löwen aus dem schon unsicheren Tritt, zeitweise hatte Funk nur noch zwei Verteidiger zur Verfügung. "Wir müssen uns an den Gedanken gewöhnen, dass wir nicht ganz vorne dabei sind", hatte Funk vorhergesagt - und in Regensburg, Freiburg, Bayreuth und Selb die Top Vier gleich dazu. Gegen Weiden gab es am Sonntag immerhin einen 5:3-Heimsieg. "Ich bin froh, dass wir fünf Tore geschossen haben", sagte Funk. "Aber es ist schade, dass wir 50 Schüsse dafür gebraucht haben." Daran werde gearbeitet, "vor allem kopfmäßig". Geschäftsführer Thomas Maban sagte kürzlich: "Wenn nicht jetzt, dann nächstes Jahr" wolle man sich um den Aufstieg bemühen. Er wollte wohl ein positives Bild in den Köpfen erzeugen.

© SZ vom 16.12.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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