Spätfolgen der Gebietsreform:Der Streit um Harmonie

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Idyllisch, aber viel zu klein: Das Rathaus in Kirchheim. Der notwendige Neubau könnte den Grundstock für eine Ortsmitte bilden. (Foto: privat)

Die zwei Orte Kirchheim und Heimstetten bilden seit 1978 eine Gemeinde. Seitdem wird über ein gemeinsames Zentrum diskutiert, das beide wirklich näher zusammenbringt

Von Martin Mühlfenzl, Kirchheim

Die Gemeinde Kirchheim hat in diesem Jahr eine empfindliche Niederlage einstecken müssen. Genau genommen der Ortsteil Kirchheim, dessen Traditionsverein, der SC, nach vier Jahren in der Fußball-Landesliga den bitteren Gang in die Bezirksoberliga antreten musste. Da fällt der morgendliche Gang zum Bäcker eh schon schwer. In den Nachbarort Heimstetten, der auch zur politischen Gemeinde Kirchheim gehört, wird sich von den Kirchheimer Fußballern dieser Tage aber kaum einer trauen. Schon der spöttischen Blicke wegen, schließlich sonnen sich die Fußballer des FC Heimstetten auch in der kommenden Saison in der Bayernliga.

Kirchheim-Heimstetten: Diese Kombination der beiden großen Ortsteile nutzt die Gemeinde im Münchner Osten als Hauptbestandteil ihrer Onlinepräsenz - das soll verbindend wirken, obwohl zwischen beiden auch viel Trennendes liegt. Denn die Gemeinde Kirchheim bei München - so die offizielle Bezeichnung - besteht in ihrer heutigen Form erst seit der Gebietsreform 1978. Damals wurde aus der eigenständigen Gemeinde Heimstetten ein Ortsteil des nur wenige hundert Meter entfernten Nachbarn. Und genau so lange wird in der Kommune mit ihren heute nahezu 13 000 Einwohnern auch um eine neue Ortsmitte diskutiert, gerungen und gestritten. Gleich mehrere Generationen haben sich ihre Köpfe darüber zerbrochen, wie Kirchheim und Heimstetten besser miteinander verbunden werden können. Aber auch, ob das überhaupt wünschenswert ist und sinnvoll ist. Und sie tun das heute noch.

Kirchheims Bürgermeister, der 33-jährige Maximilian Böltl (CSU), verkörpert gewissermaßen selbst die unterschiedlichen Haltungen, wenn es um ein mögliches Zusammenwachsen geht. Nach seinem Amtsantritt im Jahr 2014 hat sich der neue Rathauschef eine Idee zu eigen gemacht, die lange Zeit als optimale Lösung galt und vielen auch heute noch als solche gilt: ein neues Rathaus samt Bücherei, Bürgersaal, Bürgercafé und Kita mittig auf freiem Feld zwischen Kirchheim und Heimstetten gelegen. Ein Begegnungszentrum gewissermaßen auf neutralem Boden. Die Summe der Gegner eines solchen Projektes - und das ist bei der Jahrzehnte andauernden Debatte keine Überraschung - aber steht jener der Befürworter in nichts nach. Wo Verbindendes gesucht wird, gibt es auch immer Trennendes: Kirchheim wie Heimstetten haben jeweils gewachsene, traditionelle und auch idyllische Ortskerne. Kleine historische Zentren, die zwar nicht zuletzt aufgrund der weiter wachsenden Gewerbegebiete an den Ortsrändern an Bedeutung verloren haben, aber vielen Bürgern immer noch ein Stück Heimat vermitteln.

Bürgermeister Böltl änderte seine Meinung und befand mitten in der Diskussion um die neue Mitte, die alten Zentren müssten gestärkt werden. Der Aufschrei war jetzt kaum geringer, einige Gemeinderäte drohten gar mit einem Bürgerbegehren. Jetzt sieht es so aus, als würde zumindest in einem ersten Schritt ein neues Rathaus gebaut. Als Bindeglied zwischen den unterschiedlichen Ortsteilen. Später vielleicht ein Bürgersaal. Und eine Bücherei. Vielleicht.

© SZ vom 04.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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