Sozialpolitik:München leuchtet bis heute

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So sah sie aus, die Willkommenskultur: Als im Herbst 2015 Tausende Geflüchtete ankamen, wurden sie von Münchnern begrüßt. (Foto: Florian Peljak)

Wie gut arbeiten Stadt und Wohlfahrtsverbände zusammen? Eine Bilanz fällt positiv aus, es gibt Hilfe für Wohnungslose und Arbeitsmigranten, Senioren oder Familien. Besondere Meilensteine seien in der Flüchtlingspolitik geschaffen worden

Von Thomas Anlauf

Es sollte eine möglichst makellose Bilanz zur Münchner Sozialpolitik in den vergangenen Jahren sein. Wohl deshalb hat Günther Bauer, Vorstand der Inneren Mission, am Donnerstag neben Spitzenvertretern der Münchner Wohlfahrtsverbände lediglich Stadträte der Rathausmehrheit von CSU und SPD zu einem Pressegespräch eingeladen. Dem kurz vor der Kommunalwahl im März als Verbandschef scheidenden Bauer war es einfach ein Anliegen, dass unter Schwarz-Rot sozialpolitische "Meilensteine für Menschen in München" geschaffen worden seien. Dies gelte vor allem in der Flüchtlingspolitik, wo Verbände, Verwaltung und Freiwillige es "gemeinsam geschafft haben, dass München bis heute leuchtet".

SPD-Stadtrat Marian Offman, der im Herbst 2015, als täglich Tausende Geflüchtete am Münchner Hauptbahnhof ankamen, noch für die CSU im Stadtrat saß, sei "stolz auf die Willkommenskultur". München sei "in der Behandlung der Flüchtlingssituation Vorreiter in Deutschland". Dabei erwähnte er allerdings nicht, dass kurz zuvor der Sozialausschuss des Stadtrats darüber diskutierte, was gegen den Wanzenbefall in einer städtischen Gemeinschaftsunterkunft unternommen werden könne. Zwar bekämpft die Stadt das Ungeziefer, doch bislang sieht das Sozialreferat offenbar keine Möglichkeit, die dort lebenden 320 Geflüchteten, die zum Teil seit Jahren eine Aufenthaltsgenehmigung haben, andernorts in Wohnungen zu bringen. Stadträte wie Offman und SPD-Sozialexperte Christian Müller berufen sich dabei auf die generell angespannte Wohnsituation und dass es in der Bevölkerung oftmals Vorbehalte gegen Unterkünfte gebe. Harald Bachmaier von der Caritas forderte am Donnerstag deshalb, die Geflüchteten nun "über Arbeit und Wohnraum vollständig in die Stadtgesellschaft zu integrieren".

Aber der Wohnungsmangel nimmt seit Jahren immer schärfere Formen an. Mehr als 12 000 Münchner warten in der höchsten Dringlichkeitsstufe auf sozial geförderte Wohnungen, doch lediglich 3500 bis 4000 Menschen kann jährlich geholfen werden. Gordon Bürk, Geschäftsführer des Evangelischen Hilfswerks, vermutet, dass "mittlerweile mehrere Tausend Menschen in prekären Wohnverhältnissen untergebracht sind". Trotzdem sind für Bürk die Maßnahmen, die München ergreift, um wohnungslose Menschen auch aus Südeuropa zu unterstützen, eine Erfolgsgeschichte. Bei der Einführung des Kälteschutzes für Obdachlose in ehemaligen Gebäuden der Bayernkaserne habe die Stadt "vorbildlich gehandelt". Das Angebot in der Notunterkunft werde auch ständig ausgebaut. So können nun Bedürftige das ganze Jahr über kostenlos eines der Betten in der Kaserne in Anspruch nehmen.

Die Notunterkunft soll auch in Zukunft erhalten bleiben, hat der Stadtrat beschlossen. Zudem wird er voraussichtlich im November der Einführung eines sogenannten Wärmebusses zustimmen, um Obdachlose besser erreichen und sozial betreuen zu können. Bürk erhofft sich allerdings noch weitere Hilfen gerade für die Ärmsten in München. Das könnte eine ärztliche Notversorgungsstelle sein, denn viele Menschen in München sind von einer ärztlicher Versorgung nahezu ausgeschlossen. Ein weiteres Ziel wäre für Bürk, speziell für Arbeitsmigranten Arbeiterwohnheime zu bauen, die mit öffentlichen Mitteln gefördert werden müssten.

Einiges erreicht hat der Stadtrat gemeinsam mit den Verbänden für Familien und ältere Münchner. "Wir haben die Kindertagesbetreuung kostenfrei oder deutlich günstiger gemacht, ein neues Modell für eine bessere Versorgung mit Ganztagsbetreuung auf den Weg gebracht und neue Angebote für Seniorinnen und Senioren wie das kostenfreie Mittagessen in den Alten- und Servicezentren, aber auch bei der offenen Altenhilfe eingeführt", sagte SPD-Fraktionsvorsitzende Verena Dietl. Gerade die Konzeption der ASZ "stellt ein hervorragendes Beispiel für das Zusammenwirken von Landeshauptstadt und den Wohlfahrtsverbänden dar", so Alexandra Gaßmann, sozialpolitische Sprecherin der CSU-Fraktion im Stadtrat.

Gaßmann, aber auch der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Müller betonten "die ausgezeichnete Zusammenarbeit" mit den Wohlfahrtsverbänden, die sie sehr schätzten. Das war in der Vergangenheit nicht immer der Fall. So kritisierte der damalige Caritas-Geschäftsführer Norbert J. Huber 2017, dass die Stadtverwaltung sich mehr und mehr in die Tätigkeit von freien Trägern einmische. Er wünschte sich damals weniger Überregulierung und mehr Entgegenkommen seitens der Politik.

© SZ vom 18.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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