Souveräne Fahrt:Später Traum

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Peter Ableitner (li.) und Christian Maizet auf einer Lehrfahrt durch München. (Foto: Robert Haas)

In der Silvesternacht beschloss Christian Maizet, als Trambahnfahrer noch einmal neu anzufangen

Am Fuße des Olympiabergs hat Christian Maizet beschlossen, sein Leben zu ändern. Er war mit seiner Frau mit der Silvestertram unterwegs. Und als sie sich an der Trambahnschleife am Olympiapark das Feuerwerk anschauten und mit Sekt anstießen, dachte sich Maizet: Ich mach's, ich werd Trambahnfahrer. "Es war für mich immer ein Kindheitstraum", sagt der Münchner, der 30 Jahre lang im Büro gearbeitet hat, zuletzt als Buchhalter. Seine Eltern hatten ihn dazu überredet, sich für einen Bürojob zu entscheiden.

Jetzt also die Ausbildung bei der Münchner Verkehrsgesellschaft. Das bedeutet für Christian Maizet: raus auf die Straße, oder besser: rauf auf die Schiene. Und wer so eine Lehrfahrt begleitet, merkt schnell, dass es im Führerstand einer Trambahn sehr ganz anders zugeht als am Steuer eines Autos. Ein Lenkrad braucht so ein Zug schon mal nicht, die Weichen werden elektronisch mit einem Schalter gestellt, zum Anfahren und Bremsen reicht ein Hebel, geklingelt wird mit dem Fuß.

Hört sich jetzt einfach an, ist es aber beileibe nicht. Denn ein Trambahnfahrer muss mehr Dinge gleichzeitig beachten als andere Verkehrsteilnehmer: Er braucht wegen des langen Bremsweges - eine Tram wiegt mit Passagieren deutlich über 50 Tonnen - viel mehr Weitblick als Autofahrer. Dann muss ein Trambahnfahrer natürlich die Signale kennen und diese beim Fahren auch wahrnehmen, er muss die Besonderheiten jeder Strecke kennen, er muss wissen, wie er mit Passagieren umgeht und was er zu tun hat, wenn irgendetwas mit dem Zug nicht stimmt. "Ein Trambahnfahrer muss alle Sinne beieinander haben", sagt Fahrlehrer Peter Ableitner. Und obwohl natürlich im Straßenverkehr immer was passieren kann, habe es in der Tramfahrschule "noch nie gescheppert".

Während der Ausbildung lernen die Fahrer die ganze Stadt kennen, auch die Umleitungsrouten müssen ihnen vertraut sein. Dann gilt es, acht Prüfungen zu bestehen, bevor ein Fahrer in den Liniendienst einsteigen darf. Wer als Quereinsteiger eine Ausbildung beginnen will, muss mindestens 21 Jahre alt sein, den Führerschein B besitzen, gut Deutsch können, und auch einen Gesundheitscheck bestehen. Dann dauert es zirka drei Monate bis zur letzten Prüfung. Christian Maizet, der sich bei der Lehrfahrt durch die Stadt souverän gibt, meint: "So umfangreich hätte ich mir das nicht vorgestellt".

Rund 50 sogenannte Bedienelemente hat eine Trambahn der Baureihe R, auf der alle Schüler ausgebildet werden. Erst nach der Prüfung werden sie dann auch für die anderen Tramtypen geschult. Wer die ganz alten Fahrzeuge vom Typ M und P fahren können will, etwa für die Christkindltram (ein paar P-Wagen aus den Sechzigerjahren sind sogar noch im Liniendienst), braucht eine gesonderte Extraausbildung.

Dass Christian Maizet seinen Job wechselt und dafür als Neuling auch eine geringere Bezahlung in Kauf nimmt, stört seine Familie nicht. Seine Frau finde es gut, sagt er. "Und meine Tochter sagt: Kannst mich ja mal mitnehmen."

© SZ vom 28.09.2017 / schub - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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