Skurrile Stadt (2):Angeberwissen für Münchner

Vom Latrinen-Viertel Maxvorstadt und einfarbigen Konfetti auf dem Fasching: Nach dem Lesen der skurrilen Fakten hält Sie jeder für ein Münchner Original.

Agnes Fazekas

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Nach dem Lesen der skurrilen Fakten über die Stadt wird Sie jeder für ein Münchner Original halten. TraumbodyDie Attraktivität der Münchner Originale besticht. Am Wittelsbacher-Brunnen reiten die Skulpturen des "Zerstörers" und der "Lebensspenderin" aufeinander zu. In der Grundschule lernen Münchner Kinder, dass der berühmte Brunnen 1858 von Bildhauer Adolf von Hildebrand gestaltet wurde. Nur wenige dagegen wissen, dass ein echter Modellathlet dem "Zerstörer" seine Muskeln lieh. Hildebrand orientierte sich nämlich an dem damals weltberühmten Münchner Sportler Johann Göhringer. Für die "Lebensspenderin" stand die Rosenheimerin Maria Trautner Modell.Foto: Andreas Heddergott Text: Agnes Fazekas

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BaulöweKönig Ludwig I. gilt als echtes Münchner Original. Lieber allerdings, als selbst Modell zu stehen, entwarf er welche. Schon Heinrich Heine spöttelte über die Baulust des Bayerrnkönigs: "München ist ein Dorf, in dem Paläste stehen". Noch weniger konnten die Münchner mit seiner neuen Prachtstraße anfangen, der Ludwigsstraße. Denn ringsherum lagen damals nur Felder und Wiesen. Das ferne Dorf Schwabing im Norden interessierte wenig und Ludwigs Untertanen schüttelten den Kopf über die "Straße im Nirgendwo". Heute sieht man dagegen schon einmal einen Formel-1-Wagen über König Ludwigs Bauprojekt flitzen.Auch Hofarchitekt Leo Klenze hatte mit den Allüren seines Bauherrn zu kämpfen. Der Baulöwe mischte sich überall ein und kletterte ständig auf den Baugerüsten herum. Nach Lust und Laune behandelte er die Architekten - so wie er es sich schon bei seinen Mätressen zur Gewohnheit gemacht hatte. Es gab nur eine Ausnahme,...Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Die Geliebte...nämlich die Geliebte des Bayernkönigs: Lola Montez. Als Schutzherr und Mäzen der skandalösen Tänzerin erregte er den Unmut der Münchner. Auch ihre Tanzkünste überzeugten das Publikum nicht. Von känguruhartigen Sprüngen und Striptease-Einlagen wird berichtet und der kritische Architekt Klenze mokierte sich boshaft über den damals wenig damenhaften Zigarettengenuss der Montez. Sie solle wie ein Bootsknecht geraucht haben.Lola Montez' Palais an der Barer Straße 19 wurde schließlich vom wütenden Mob gestürmt. Ein kurioses Relikt ist Graf von Arco-Zinnenberg zu verdanken. Er erhaschte den Stummel der wohl letzten Zigarette, die Lola Montez in München geraucht hat - kurz vor ihrer Flucht. Diese wurde vor zehn Jahren im Stadtmuseum ausgestellt. Allerdings ist das bei weitem nicht das merkwürdigste Sammlerstück im Fundus des Münchner Museums...Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Als man sich noch gruseln konnte Besonders "lebensecht" wirken die heutigen Untoten auf dem Oktoberfest nicht mehr, wie auf diesem Foto zu sehen. Das Inventar der ersten Geisterbahnen dagegen konnte noch schocken: Um 1935 herum baumelte Oktoberfest-Besuchern schon einmal ein echtes Skelett entgegen, noch dazu das eines Kindes. Heute liegt es in einer Holzkiste im Depot des Münchner Stadtmuseums. Die weiß bemalten Knochenteile haben sich erhalten, seien aber bei den Schaustellern nicht mehr weiter verwendet worden, berichtete Florian Dering vom Museum einmal gegenüber sueddeutsche.de. Er habe es bei einem Schausteller gesehen und es sich für das Stadtmuseum schenken lassen, weil er es interessant gefunden habe.Foto:dpa Text: Agnes Fazekas

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Weiße Wolke Als weniger gruselig empfinden die Meisten sicher das Sammeln und Aufspießen von Schmetterlingen. "Lolita"-Autor und Falter-Forscher Vladimir Nabokov (im Bild) war gerade einmal neun Jahre alt, aber vielleicht hätte er trotzdem seine Freude gehabt, wenn er am 31. Juli 1908 mit einem Käscher durch München spaziert wäre - an diesem Tag war der Marienplatz ein Tummelplatz von Kohlweißlingen. Der damalige Münchner Stadtchronist hielt das Ereignis jedenfalls für bemerkenswert: "Eine auffallende Erscheinung macht sich in München und Umgebung seit einigen Tagen bemerkbar. Unmengen von Kohlweißlingen, oft in dichten Schwärmen, flattern über die Anlagen und durch die Straßen bis mitten in die Stadt hinein; [...] Heute Vormittag bot die Hackerbrücke ein Bild wie bei einem starkflockigen Schneefall."Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Juckpulver und PfauenfedernWild ging es zu bei den Faschingstreiben um 1900. Wie im Münchner Stadtarchiv nachzulesen ist, verordnete die Polizei deshalb, dass "die Belästigung des Publikums mit Pfauenfedern, Juck- und Niespulver, das Werfen von Knallerbsen, Orangen und Äpfeln sowie überhaupt von Gegenständen, durch welche Personen verletzt werden können, verboten sei." Außerdem wurde untersagt, mit "anderen als einfarbigen Konfettis zu werfen."Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Berberlöwen und die BeatlesSeit über hundert Jahren gibt es den Circus Krone. Jeden Winter gastiert der größte Circus Europas im Kronebau in der Münchner Marsstraße. Früher kooperierte der Circus eng mit der Bundesbahn: Zwei Sonderzüge mit einer Länge von 1,2 Kilometern transportierten Artisten, Tiere und Zubehör von Gastspielstadt zu Gastspielstadt. Außerdem mussten 110 Fahrzeuge mit Wohnanhängern über die Straßen gefahren werden.Gewaltig ist der Aufwand immer noch: Stallungen, ein eigenes Stromaggregat, die Circusschule, die Betriebsfeuerwehr, eine Mannschaftsküche auf Rädern, Büros und Werkstätten benötigen insgesamt 30.000 Quadratmeter. Auf einem Teil davon lebte um 1900 Ida Krone und die 24 Berberlöwen, mit denen sie in der Manege zu frühstücken pflegte.Bevor es das Olympiastadion gab, war der Kronebau der größte überdachte Veranstaltungsort Münchens. Auch die Beatles und die Rolling Stones standen schon in der bunten Manege. 1956 führte die ungarische Schauspielerin und Tänzerin Marika Rökk (im Bild) Tänzerinnen bei einer Galavorstellung an.Foto:dpa Text: Agnes Fazekas

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Kultort MünchenMünchen ist Gründungsstadt der internationalen "Druiden-Loge". Im Jahr 1983 feierten die Münchner Druiden ihr 100-jähriges Bestehen im "deutschen Druidenort" und 1908 wurde hier sogar die "internationale Großloge" gegründet.In den Druiden - einst geistige Führungsschicht der Kelten - sahen die Ordensgründer Wissenschaft, Kunst, Weisheit und Naturverbundenheit verkörpert. Die damalige Epoche war einerseits geprägt vom Gedankengut der Aufklärung, auf der anderen Seite von gewalttätigen, politisch oder religiös motivierten Auseinandersetzungen. Die Sehnsucht nach Menschlichkeit, Toleranz und gegenseitiger Hilfe führte zur Gründung der Druiden-Logen als bürgerlichen Vereinen.Bei den Neuzeit-Druiden handelt es sich also nicht um mysteriöse Bruderschaften. Nur im Brockhaus von 1895 sind die Druiden tatsächlich als Geheimloge verzeichnet.Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Blut statt BierHeute fließt hier nur noch Bier in Strömen und glücklicherweise rollen auch keine Köpfe mehr über das ehemals miltärisch genutzte "Marsfeld" am Augustinerkeller. Das war vor knapp 150 Jahren noch anders. 1861 fand hier die letzte öffentliche Hinrichtung statt - immerhin schon mit dem relativ modernen Fallbeil. Sechs Jahre zuvor ereignete sich nämlich eine besonders unschöne Enthauptung und der Scharfrichter sah sich veranlasst, neues Arbeitsgerät zu besorgen. In der Stadtchronik heißt es, die letzte manuelle Köpfung habe "zu mehrer Übelkeiten unter dem Civil wie unter dem Militär" geführt. Denn der durchaus versierte Henker Mathias Schellerer benötigte sieben Schwerthiebe, um den verurteilten Raubmörder zu exekutieren. Nach diesem Ereignis führte die Stadt München umgehend das Fallbeil ein. Schellerer starb übrigens 1880 geistig umnachtet im Irrenhaus.Foto: dpa Text: Agnes Fazekas

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Das älteste Kino der WeltGenau weiß niemand, ob das "Gabriel" in der Dachauer Straße tatsächlich das älteste Lichtspielhaus der Welt ist - mit Sicherheit sei es aber "das am längsten durchgehend bespielte Kino Münchens", sagt der heutige Geschäftsführer Hans Büche.Carl Gabriel war seiner Zeit voraus. Schon 1896 zeigte er die 100 Meter langen Streifen - etwa eine Viertelstunde Film - auf Jahrmärkten und in seinem Panoptikum in der Neuhauser Straße. Die Kurzfilme hatten damals so aufregende Titel wie "Ankommende Eisenbahn", "Kettensprenger" oder "Schlangendompteur".Foto: Robert Haas Text: Agnes Fazekas

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Sitten und SittlichkeitMünchner Dienstboten hatten in den vergangenenen Jahrhunderten sicher nicht viel zu lachen. Nur in den Sommermonaten gab es ein Vergnügen für sie: den Kocherlball. An jedem Sonntagmorgen trafen sich in aller Früh junge Dienstleute, Köchinnen, Laufburschen, Kindermädchen und Hausdiener zum Tanzvergnügen am Chinesischen Turm, ehe wieder hart gearbeitet werden musste.Im Jahre 1904 vergnügten sich die Dienstleute allerdings etwas zu heftig für den gesellschaftlichen Geschmack: Der "Kocherlball" wurde aus "Mangel an Sittlichkeit" verboten. Erst 1989 führte die Stadt den Brauch wieder ein.Foto: Beate Wild Text: Agnes Fazekas

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"Latrinen-Viertel Maxvorstadt"Anfang des 19. Jahrhunderts hätte noch kein Münchner viel Geld für eine Wohnung im "Kasernenviertel" bezahlt. Zwischen Theresien- und Arcistraße wohnten während der Napoleonischen Kriege 700 Soldaten mit ihren Pferden und die Nachbarn rümpften die Nase: Latrinenhäuser und Prostituierte. Besonders laut wurde es, als der Artillerist Stanislaus Schmidt 1835 ein Exempel statuierte. Er ertrug die Schikanen seiner Ausbilder nicht mehr und sprengte sich mitsamt dem Pulverturm in die Luft. Kaum ein Haus zwischen Karl- und Türkenstraße blieb heil. In seinem bitteren Abschiedbrief schrieb Schmidt, "dass er den betroffenen Behörden einen Wink geben" wolle.Foto: aus dem Buch "Die Maxvorstadt - Die unbekannte Schöne"/oh Text: Agnes Fazekas

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Berliner FaksimileJeder Münchner kennt sein Rathaus. Seit diesem Jahr kennt es auch jeder Berliner -schließlich ziert es gerade die Telefonbücher der deutschen Hauptstadt.Zwei Bilddaten seien vertauscht worden, erklärt der verantwortliche Verlag das ungewollte Faksimile. Die Berliner müssen sich also keine Sorgen machen, ob das eigene Rathaus vielleicht nicht schön genug war für den Titel des meistgelesenen Buchs in der Stadt.Foto: ddp Text: Agnes Fazekas

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HundekloSie sind kaum aus München wegzudenken, die vielen Zamperl, Möpse und Dobermänner. Mehr als 27.000 Hunde soll es in der Stadt geben. Also auch 27.000 mal mindestens drei Gassigänge - das sind eine Menge Hundehaufen. Um genau zu sein: fünf Tonnen täglich. Deswegen gibt es auch die Münchner Bürgerinitiative: "Für Hunde. Gegen Kot."Foto: dpa Text: Agnes Fazekas(sueddeutsche.de/sonn/cmat/af)

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