Skibergsteigen:Eine steile Karriere

Lesezeit: 2 min

Kathrin Hoff und ihre zwei Schwestern stürmen für den Münchner Alpenverein hohe Berggipfel bei internationalen Rennen. Ihr dickes Fell tragen sie unter den Skiern.

Agnes Fazekas

Die Weltcup-Nominierung ereilte die 19-Jährige unverhofft. Anfang des Jahres saß sie an ihrer Mathematik-Facharbeit über quadratische Relationen und hatte das Wochenende schon fest eingeplant - zum Korrigieren.

Zwischendurch trägt Skibergsteigerin Kathrin Hoff ihr Sportgerät auch mal auf dem Buckel. Hier bei einer Trage-Passage beim Dammkarwurm, der Deutschen Meisterschaft im Vertical Race 2008. (Foto: Foto: Matthias Keller/oh)

Dann kam die Einladung zum ersten Weltcup-Rennen, und natürlich ist sie in den Flieger nach Frankreich gestiegen. Kathrin Hoff vom Alpenverein München geht Skitouren auf Zeit, sie ist eine der besten deutschen Juniorinnen.

Im französischen Oz-en-Oisans brauchte sie zwei Stunden und fünf Minuten für zwölf Kilometer. Als Joggingstrecke ist diese Distanz recht ordentlich, aber beim Skitouren-Rennen geht es darum, Berge zu bewältigen. Dreimal hinauf und hinunter. 1200 Höhenmeter.

Beim Anstieg unterstützen Kathrin aufgeklebte Synthetikfelle und eine Tourenbindung. Bei der Abfahrt helfen nur gute Technik und viel Mut. Beim Laufen brennen die Lungen, beim Fahren die Oberschenkel.

Inzwischen ist die Facharbeit abgegeben, Kathrin sitzt in einem Café in der Münchner Innenstadt und spricht über eine Sportart, unter der sich viele wenig vorstellen können. Für den Nationalkader laufen derzeit vier Männer, fünf Jungs und drei Mädchen - zwei davon heißen Hoff: Kathrin und Miriam. Die dritte Schwester, Conny, konzentriert sich gerade auf ihre Uni-Prüfungen. Oft machen sie sich zusammen zum Gipfel auf. "Aber ich bin schon die Motivierteste, die Treiberin", sagt Kathrin.

Zum Skitouren-Rennen kamen die Hoff-Schwestern vor vier Jahren über eine Anzeige im Alpenvereinsheft. Die Geschwister waren mit Eltern und Freunden oft in den Bergen unterwegs. Sie stiegen schnell ein und vor allem schnell auf. Bald hieß es nach den Rennen: "Stockerlplätze eins, zwei und drei: Hoff, Hoff und Hoff."

In Frankreich, bei ihrem ersten Weltcuprennen, wurde Kathrin Hoff Sechste bei den "Juniors" und Siebte in der Gesamtwertung. Ganz zufrieden ist sie aber nicht: "Beim Wechsel war ich zu nervös und habe die Felle nicht ordentlich zusammengelegt. Da haben sie beim nächsten Aufstieg nicht mehr richtig gepappt."

Die Wechsel sind beim Skitourenrennen eine Herausforderung neben Ausdauerleistung und Abfahrtstechnik. Letztere war auch beim Weltcup entscheidend: Statt Pulverschnee zu genießen, kämpften die Teilnehmer mit verharschten Hängen. Während Kathrin Hoff ihre Rivalinnen entlang der roten Fähnchen immer wieder stürzen sah und die Streckenposten in ihren Warnwesten "Slow down!" riefen, wog sie ab: "Tempo oder Gesundheit?" Sie entschied sich für die Gesundheit.

Gestoppt wird beim Skitouren-Rennen die Gesamtzeit. Wer in den engen Steigspuren überholen will, schreit: "Spur". Der Langsamere steht dann in der Pflicht, aus der Schneerinne zu treten und den Herausforderer vorbeizulassen. Das passiert Kathrin beim Training allerdings selten. Da es wenig weiblichen Nachwuchs gibt und der Stützpunkt des Jugendkaders in Berchtesgaden liegt, läuft sie oft allein in den Hausbergen um Dietramszell. Die Übungspläne bekommt sie per E-Mail, den Trainer sieht sie nur selten.

Momentan teilt Kathrin sich das Equipment mit der 17-jährigen Miriam und der 22-jährigen Conny - obwohl die beiden Schwestern kleinere Füße haben als sie. Drei Paar Skitourenstiefel für 500 Euro seien eben nicht drin, sagen die Eltern, genauso wenig wie drei Paar extraleichte Wettkampf-Ski. Und statt eines Rennhelms nimmt sie eben den, den sie sonst zum Radfahren trägt.

An der Ausrüstung fehlte es vor zwei Wochen für das Team-Rennen in Pierra Menta nicht, trotzdem durfte sie dort nicht teilnehmen: Im schmal besetzten deutschen Nachwuchs fand sich einfach keine passende Partnerin für Kathrin. Dafür holte sich ihre jüngere Schwester Miriam mit Barbara Abler aus Piding den ersten Platz.

Bald gibt es noch größere Ziele: Die Internationale Union der Alpinismusvereinigungen (UIAA) plant die Aufnahme der Sportart Skibergsteigen zu den Olympischen Winterspielen 2018. Ob die Hoff-Schwestern dann dabei sind? Im kommenden Jahr wird Kathrin jedenfalls von den Juniors in die letzte Nachwuchsklasse wechseln, zu den Espoirs: den "Hoffnungsträgern".

© SZ vom 27.3.2008/sonn - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Skibergsteigen
:Eine steile Karriere

Kathrin Hoff und ihre zwei Schwestern stürmen für den Münchner Alpenverein hohe Berggipfel bei internationalen Rennen. Ihr dickes Fell tragen sie unter den Skiern.

Agnes Fazekas

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: