Skandal um verdorbenes Wildfleisch:Schnappauf gerät in die Kritik

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SPD und Grüne werfen Bayerns Verbraucherminister Versagen bei den staatlichen Kontrollen vor.

Tobias Matern und Christian Schneider

Im Skandal um verdorbenes Wildfleisch gerät nun auch Verbraucherschutzminister Werner Schnappauf unter Druck. SPD und Grüne im Landtag warfen ihm vor, er versuche mit seinem Aktionismus Versäumnisse bei den Kontrollen zu verdecken. Die Regierung von Niederbayern schloss am Freitag zwei Produktionsstätten der Passauer Firma Berger-Wild.

Werner Schnappauf (Foto: Foto: AP)

In den Berger-Filialen in Ortenburg und Ruderting im Landkreis Passau dürften keine Fleischprodukte mehr hergestellt werden, teilte die Bezirksregierung mit. Die Firma war weiterhin zu keiner Stellungnahme bereit. Die seit Dienstag laufende Rückrufaktion wurde um drei auf 15 Produktchargen ausgeweitet (Infos: www.verbraucherschutz.bayern.de).

Nach Angaben des Ministeriums sind etwa zwölf Tonnen der als nicht genusstauglich eingestuften Produkte an mehr als 100 Betriebe in ganz Deutschland und an etwa 40 Betriebe in Österreich, Italien und Frankreich geliefert worden. Hunderte Kilogramm wurden aus dem Verkehr gezogen. Es sei "nicht völlig auszuschließen", dass bedenkliches Fleisch verkauft worden sei, hieß es aus dem baden-württembergischen Innenministerium.

SPD erwägt Untersuchungsausschuss

Unterdessen wird Kritik an Verbraucherschutzminister Schnappauf laut. Der umweltpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Herbert Müller, sprach von einem "Skandal im Skandal". Weder die Kontrolleure noch die Behörden seien ihrer Pflicht nachgekommen. Müller warf Schnappauf vor, er sei "offensichtlich seiner Aufgabe nicht gewachsen und erst hinterher furchtbar aktiv".

Die SPD erwäge die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, falls die Regierung nächste Woche im Landtag nicht umfassend Rede und Antwort stehen werde, sagte Müller. Schnappaufs Sprecher wies die Kritik zurück und sagte, Müller habe wohl keine Vorstellung, wie "rigide" das Ministerium handele. Auch der agrarpolitische Sprecher der Grünen, Adi Sprinkart, griff den Minister an: Die Behörden hätten abermals nach dem Prinzip "nichts hören, nichts sehen, nichts wissen" gehandelt. "Es wird eng für Schnappauf", sagte er.

Am Freitag räumte das Verbraucherschutzministerium indirekt Defizite im eigenen Geschäftsbereich ein. Man werde das gesamte Kontrollsystem auf den Prüfstand stellen, sagte ein Sprecher und kündigte an, notfalls "unerbittlich durchzugreifen". Die Leitung der Sonderkommission (Soko) "Wild" wurde von der Regierung von Niederbayern an das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit übertragen. Als Grund gab das Ministerium an, die Vizepräsidentin der Bezirksregierung und bisherige Soko-Chefin sei krank geworden.

Veterinäre des Landratsamtes im Kreuzfeuer

Andere Gründe gebe es nicht. Die Bezirksregierung bleibe in den Fall weiterhin eingeschaltet. Bereits nach dem Fleisch-Skandal um eine Deggendorfer Firma hatte Schnappauf im Herbst eine Arbeitsgruppe eingesetzt. Sie sollte Schwachstellen im Kontrollsystem finden. Ergebnisse liegen noch nicht vor, Mitte Februar soll ein Bericht erscheinen.

Im Ministerium wurden am Freitag Zweifel an der Wirksamkeit der Kontrollen durch die amtlich bestellten Tierärzte laut - die beiden hatten sich fast täglich in dem Betrieb aufgehalten. Im Kreuzfeuer stehen aber auch die Veterinäre des Landratsamtes selbst. Berger-Wild sei in der Vergangenheit elfmal aufgefallen, hieß es aus dem Ministerium. Da hätte sich die Frage nach der Zuverlässigkeit der Firma und nach möglichen Konsequenzen stellen müssen.

Der Passauer Landrat Hanns Dorfner wies die Kritik zurück. "Ich wehre mich dagegen, dass wir von Informationen ausgesperrt werden, und hinterher sollen wir die Schuldigen sein", sagte er. Zuletzt war Berger-Wild bei einer Großrazzia des Ministeriums Anfang Dezember beanstandet worden, ohne dass dies große Folgen gehabt hätte. Der Geschäftsführer des Landesverbandes Bayerischer landwirtschaftlicher Wildhalter, Josef Wasensteiner, nannte es "unerklärlich, dass eine Firma wie Berger in so großem Stil schlampen kann". Er frage sich, "wo die Kontrolleure hingeschaut haben".

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