Sicherheit im Internet:Bank muss haften

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Ominöse Forderungen auf der Kreditkarte einer Münchnerin: Die Bank will nicht zahlen, aber das Gericht gibt der Kundin Recht.

Ekkehard Müller-Jentsch

Immer wieder wurden einer Münchnerin Geldbeträge angeblich unberechtigt von ihrem Kreditkarten-Konto abgebucht. Zunächst trug die Bank den Schaden und stellte der Kundin zweimal neue Karten aus - und jedes Mal wurde wieder auf rätselhafte Weise abgebucht.

Zahlungen im Internet per Kreditkarte sind verbreitet, aber nicht immer sicher. Das Gericht sieht die Beweislast bei den Banken. (Foto: Foto: ddp)

Als die Bank den finanziellen Schaden nun auf die Kundin abwälzen wollte, erlitt das Geldinstitut vor Gericht Schiffbruch: Eine Münchner Amtsrichterin stellte fest, dass die Bank der Kundin entweder nachweisen müsse, selbst die entsprechenden Geschäfte getätigt oder für den Missbrauch der Kreditkarte verantwortlich zu sein - oder sie muss den abgebuchten Geldbetrag erstatten. Dieses verbraucherfreundliche Urteil ist rechtskräftig.

Im Mai 2007 nahm bei dem Münchner Geldinstitut ein finanzielles Rätselspiel seinen Anfang. Eine Frau hatte von ihrer Bank eine MasterCard erhalten. Alle mit dieser Kreditkarte bezahlten Beträge sollten von ihrem Konto bei dieser Bank eingezogen werden. Geraume Zeit später stellte die Kundin beim Studium ihrer Kartenabrechnung mysteriöse Abbuchungen fest, die sie sich nicht erklären konnte.

Sie ließ daraufhin die Karte sperren. Die Bank erstattete auch anstandslos die nicht akzeptierten Beträge und gab der Frau eine neue Karte. Da die Frau zuvor auch Einkäufe im Internet mit diesem Plastikgeld bezahlt hatte, ließ sie vorsichtshalber ein neues Anti-Virenprogramm auf ihrem Computer installieren, bevor sie die MasterCard wieder auch für ihr Online-Shopping einsetzte.

Einen Monat später bemerkte sie erneut rätselhafte Abbuchungen, wieder von denselben Onlinehändlern wie beim ersten Mal. Die Münchnerin ließ auch die zweite Karte sperren, versicherte der Bank gegenüber an Eides statt, dass sie die Umsätze nicht getätigt habe und erstattete Strafanzeige gegen diese Internethändler. Diese waren offensichtlich unschuldig, denn das Verfahren wurde von der Staatsanwaltschaft eingestellt.

Doch auch die nunmehr dritte MasterCard konnte die unerklärlichen Abbuchungen nicht stoppen: Die Frau entdeckte erneut Umsätze, die nicht von ihr stammten. Die Bank erstattete ihr diesmal einen Betrag von 710,86 Euro jedoch nicht mehr. Sie vertrat die Ansicht, dass die Kundin die Abbuchungen entweder doch selbst veranlasst oder zumindest unbekannten Dritten leichtfertig die Möglichkeit verschafft habe, die Karte zu nutzen.

Später vor Gericht erklärte die Bank, das ergebe sich schon daraus, dass immer die gleichen Händler betroffen seien, obwohl neue Karten ausgestellt wurden - somit bestehe der Verdacht, dass diese Händler an die jeweiligen neuen Daten nur durch einen "Sorgfaltsverstoß" der Kundin gelangen konnten. Ein Missbrauch durch Mitarbeiter der Bank sei dagegen ausgeschlossen, wurde behauptet, weil denen die jeweilige Kartenprüfnummer auf der Rückseite der Karte nicht bekannt sei. Im Übrigen hätte die Kundin ihren Computer von Anfang an auf Viren überprüfen müssen.

Die Kundin klagte daraufhin beim Amtsgericht und bekam Recht. Die Bank müsse den eingeklagten Betrag erstatten. Denn sie habe der Kundin weder nachweisen können, die Unwahrheit zu sagen, noch fahrlässig mit den Karten umzugehen. Da die Karten-Nummern aber bei den vielfachen Einsatzmöglichkeiten allen möglichen Leuten bekannt werden könnten - "im Übrigen auch Mitarbeitern der Bank" - könne ein Datentransfer auch ohne Verschulden der Klägerin zustande gekommen sein, sagte die Richterin.

Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen des "Anscheinsbeweises" komme hier nicht in Frage. Von Anscheinsbeweisen sprechen Juristen etwa bei technisch gut abgesicherten EC-Karten-Systemen: Hier wird mit dem ersten Anschein vermutet, dass der Kunde fahrlässig gehandelt haben müsse, weil ein Missbrauch nur mit Kenntnis der Pin-Nummer möglich ist und eine Weitergabe oder ein sorgloser Umgang mit dieser Codenummer eine Pflichtverletzung darstellt.

In diesem Fall mit der MasterCard gebe es keinen Sachverhalt, von dem aus solch ein "denklogischer Schluss" gezogen werden könne, meinte die Richterin. "Da hier die Bank nur mit bloßen Vermutungen arbeitet und viele Möglichkeiten der Entstehung des Datenmissbrauches bestehen, kommt ein Anscheinsbeweis zu Lasten der Kundin nicht in Betracht", erklärte sie.

Die Bank aber leiste ohne weitere Überprüfung Überweisungen an Händler, deren Berechtigung die Kundin schon zuvor bereits bestritten habe - somit könne sie ihr Risiko, dass sie das Geld vom Händler nicht mehr zurück bekomme, nicht auf die Kundin abwälzen, heißt es in dem Urteil. Dass die Bank die Abbuchungen durch die Händler sozusagen automatisch ermögliche, sei ihr Problem. Sie solle ihr Programm doch wenigstens so einstellen, dass es Abbuchungen, gegen die bereits Einspruch eingelegt wurde, nicht mehr zulässt, regte die Richterin an. Dieser Mangel an Sicherheitsstandards bei der Bank dürfe der Kundin jedenfalls nicht zur Last fallen. Das Urteil ist rechtskräftig (Az.:242C28708/08).

© SZ vom 12.05.2009/dab - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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